„Ein Bündnis links der Grünen“

■ DKP-Ratsfrau: Raus aus der Partei, im Stadtrat bleiben

Dr. Heike Fleßner, Wissenschaftlerin an der Uni Oldenburg, seit 1975 Mitglied der DKP und deren Ratsabgeordnete seit 1986, trat in der vergangenen Woche aus der Partei aus, legte aber ihr Parlamentsmandat nicht nieder.

taz: Angenommen die Erneuerer in der DKP hätten sich vor einem dreiviertel Jahr durchgesetzt, wäre es angesichts der Ereignisse in der DDR dennoch möglich gewesen, heute eine Politik innerhalb der DKP zu machen?

Flessner: Es wäre möglich gewesen, weil wir bereits damals ganz andere Handhaben für uns gehabt hätten, unseren eigenen Standort als kommunistische Partei neu zu definieren. Ich hatte immer stärker den Eindruck, daß alle Veränderungen in der Partei nicht durchsetzbar seien. Und dann kam die Entwicklung in der DDR. Das wäre nun wirklich der letzte Punkt gewesen, wo die alte DKP-Führung hätte sagen sollen, um eine sehr radikal-selbstkritische Einschätzung kommen wir nicht rum und darin sind auch alle Mitglieder einzubeziehen. Statt dessen wird so getan, als ob man selber da in den letzten Jahren gar nicht involviert wäre. Und das hat bei mir das Faß zum Überlaufen gebracht.

Braucht man nicht so etwas wie eine innere und öffentliche Schamfrist, um mit sich ins Reine zu kommen?

Ich brauche für mich die Möglichkeit, und das wird nicht in zwei,

drei Wochen getan sein, mich zu fragen, wer bin ich eigentlich, wer bin ich gewesen. Es ist ja auch eine gewisse Spaltung der Persönlichkeit, einerseits sich mit den Verhältnissen in der Bundesrepublik grundlegend kritisch auseinanderzusetzen und bezogen auf die DDR immer wieder versuchen zu sagen, wir müssen das historisch sehen.

Warum legen Sie nicht auch ihr Mandat als Stadträtin nieder?

Ich bin ja immer meßbar gewesen. Wir stehen da in einer ganz offenen Diskussion mit allen, die mit uns zusammen arbeiten. Von daher habe ich nicht gesehen, daß diese Belastetheit mit Sozialismuskonzepten der DDR, daß uns das einen so engen Rahmen gesteckt hätte, daß wir da fremdbestimmt gewesen wären. Wir haben keine fremdbestimmte Kommunalpolitik gemacht.

Von meiner gewesenen Partei lasse ich mir das Mandat nicht streitig machen. Wenn aber jetzt Leute kämen, und insbesondere diejenigen, mit denen ich vorher zusammengearbeitet habe und massiv sagen würden, das ist nicht glaubwürdig, gib das zurück, dann wäre das für mich ein ganz ernster Punkt.

Könnten Sie sich vorstellen, in einem Bündnis mitzuarbeiten außerhalb der Grünen, in dem aber die alte DKP mitarbeiten würde?

Das wäre der Rahmen, in dem ich mitarbeiten würde: ein Bündnis links der Grünen.

Interview: Andreas Hoetzel