Rettet die Insel!

■ Künstlergruppe „S.C. Herz“ baute Mauer wieder auf / Wider den nationalen Taumel die Mauer als „Zeitstopper“ benutzen / Ost-Kommentare: „Sie sollten sich schämen, ein Deutscher zu sein“

Samstag nachmittag die Mauer am Gropiusbau: Zwischen hämmerschwingenden Mauerfetischisten, die das Bauwerk so lieb gewonnen haben, daß sie sich davon ein Stück in die eigene Wohnung retten wollen, versetzt die Künstlergruppe „S.C. Herz“, ausgerüstet mit Betonmischer, Schaufel, Sand und Kelle die Mauer wieder in ihren Urzustand. Sie hoffen damit, den Fuß vom Gaspedal des nationalen Taumels zu nehmen und die Mauer als „Zeitstopper“ zu benutzen, um allen Gelegenheit zu geben, für einen Augenblick die entstandene Situation nüchtern zu betrachten. Dem Kohlschen Zehn-Punkte -Trick zur Wiedervereinigung setzen sie ihr Zehn-Punkte -Programm zum Neubau der Mauer entgegen.

„Berlin muß als Insel erhalten bleiben“ - und deswegen fordern sie völkerrechtliche Anerkennung des Status der Stadt. Mit der Angst, daß „Vorhandenes umgekippt wird“, begründet Pressesprecher Jörg B. (33) die Aktion. „Wir möchten für die Stadt die Lebensform der Inselbewohner bewahren“, meint er. „Welcher Inselbewohner will schon, daß seine Insel überschwemmt wird? Keiner. Er baut sogar Dämme, um das zu verhindern.“

Die sich da aber aus dem roten Meer ringsum nach 28 Jahren endlich ans Land gerettet haben, sehen das ganz anders. „Arschlöcher“ ist die allgemeine Bezeichnung für die Künstlergruppe bei einigen herumspazierenden Ostlern. Ein Herr schrie sogar: „Sie sollten sich schämen, ein Deutscher zu sein“ - worauf der so Gescholtene heftigst mit dem Kopf nickte.

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