: Südkorea: Chun vors Parlament zitiert
Präsident Roh und die Vorsitzenden der drei größten Oppositionsparteien beginnen eine Phase der Zusammenarbeit / Milde Befragung des Exdiktators soll die Vergangenheit begraben ■ Von Georg Blume
Tokio (taz) - Einen spektakulären Schritt zur Aussöhnung mit der diktatorischen Vergangenheit unternahmen am Samstag der südkoreanische Staatspräsident Roh Tae Woo und die Führer der drei größten Oppositionsparteien. Nach siebenstündigen Gesprächen am Samstag einigten sich Regierung und Opposition, den inzwischen in buddhistischer Bescheidenheit lebenden ehemaligen General und Präsidenten Chun Doo Hwan zur Zeugenaussage vors Parlament zu laden. Chun, der Südkorea von 1980 bis 1988 diktatorisch regierte, soll dann erstmals öffentlich zur blutigen Unterdrückung der prodemokratischen Aufstände in der Provinz Kwangju, bei denen im Mai 1980 2.000 Menschen getötet wurden, und zu Korruption und Amtsmißbrauch während seiner Regentschaft befragt werden.
Die Einigung zwischen Roh und den Oppositionsführern Kim Dae Jung, Kim Yung Sam und Kim Jong Pil hat einen innenpolitischen Durchbruch markiert, der eine neue Phase der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament einleitet. Präsident und Oppositionsparteien - letztere verfügen gemeinsam über eine Mehrheit in der südkoreanischen Nationalversammlung - waren seit der Demokratisierung des Landes im Zuge von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 1987/88 über den Umgang mit dem Regime von Expräsident Chun zerstritten. Während Präsident Roh dem Vorgänger seine heutige Macht verdankt und entsprechend wenig Interesse zeigte, dessen Verbrechen ans Tageslicht zu bringen, verlangten Kim und die von ihnen gelenkten parlamentarischen Untersuchungsausschüsse genau dies.
Am Samstag nun verständigten sich beide Seiten auf einen Kompromiß, der Chun nicht allzusehr beunruhigen dürfte. Ein einziges Mal soll Chun vor dem Parlament aussagen, wohl eher eine symbolische Geste. Denn in einer gemeinsamen Erklärung versicherten sich Roh und Kim, daß man die Zwistigkeiten über die Vergangenheit beilegen und vielmehr „mit neuer Hoffnung unter politischer Stabilität in die neunziger Jahre aufbrechen wolle“. Südkoreas immer noch mächtige Militärs hatten gegen diesen Neuaufbruch offenbar nichts einzuwenden.
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