: Alter Schubser, neue Schubse
■ Das Überseemuseum präsentiert: Masken aus Afrika, ein Theater-Gastspiel, Senator Franke
Kann mal jemand die Maske da runterholen? Ja, die da oben, mit dem langen Bartstroh! Franke weiß, was Fotografen wünschen. Natürlich hat die Maske nicht die geringste Ähnlichkeit mit Franke, würde Franke ja sonst nicht machen. Pierre Bitard, französischer Botschafter in Ruanda und Maskenschenker, hält diplomatisch still und läßt sich mit Masken-Franke fotografieren. Die übrigen (Auswahl -)Skulpturen in den drei Vitrinen machen böse Miene zum guten Spiel. So, als gehörten sie nicht dazu. Oder hierher.
Hiermit ist jedenfalls die Bitard'sche Schenkung afrikanischer Masken und Skulpturen öf
fentlich-witzig zur Kenntnis genommen und Frau Dr. Kuster -Wendenburg, stellvertretende Überseemuseums-Direktorin, kann die Fakten würdigen: 550 meist in Zaire gesammelte und jetzt geschenkte Objekte, die den Weg ins Bremer Museum gefunden haben. Wieso nicht nach Afrika? Bitard erklärt, die Afrikaner seien an ihrer Tradition nicht so sehr interessiert, und möglicherweise fielen bei Rückgabe die Stücke in private Sammlerhände. Dann doch lieber nach Bremen, Franke hat Lust auf gute Stimmung. Sollen wir schlecht finden, daß dem Überseemuseum wieder „ein neuer Schubs“ gegeben wird? Wie das private Schen
kungen immer getan haben? Soll das Museum ein „closed shop“ werden? Wir nehmen gern, wir haben doch Platz, oder, Frau Kuster-Wendenburg? Die Unvorsichtige benutzt die Wörter „Müllcontainer“ und „geworfen“, Franke muß ermahnen: „Frau Kuster-Wendenburg, hätte ich gewußt, daß sie das sagen, hätte ich ihnen das ausgeredet!!!“ Wegen der Presse. Wir wieder! Die Direktorin errötet und verteidigt ihren Abfall.
Na gut. Bald steht ja Peter der Ganzgroße vor der Museumstür, und da fühlen wir uns doch gar nicht überrollt, oder - Frau Direktor!? Nein, überrollt nicht, überstülpt vielleicht? Aberaber, blieben letztes Kreml-Mal nicht Erinnerungen, vergoldete? Zum Beispiel Thresen und Sitzkissen? Schon. Eben. Jedenfalls soll Zar Peter Vorlauf kriegen für ein Begleitprogramm, außerdem sind Neuigkeiten geplant: eine feste Matinee, eine Lese-Ecke für Kinder mit gespendeten Dritte-Welt-Kinderbüchern, und alles pressefreundlich. Franke ist einverstanden: Zwischen Großakzente setzen wir die Kleinakzente und verstetigte Eigenkraft. Jetzt aber zum Theater. Bitte, Herr Regisseur. Herr Nürnberger ist Regis
seur für „Das Land des Lächelns“ und spricht für sich.
Weil das baustellige Bremer Theater mit Lehars Operette ins Überseemuseum eher eingefallen als ausgewichen ist, haben sich die eher undramatisch veranlagten Musealen und ihre scheinwerferscheuen Tropenhölzer erregt. Jetzt will's kaum noch jemand gewesen sein. Geschickt verteidigen sich die Theaterleute nach vorne: Man sei eben ein verrücktesVölkchen, da könnten einem die unverrückten Partner fast leid tun. Franke findet großartig, was in einem Überseemuseum alles möglich ist, Vielfalt, Offenheit. Kein Notschrei sei schlichtungstechnisch an ihn ergangen wie früher bei Theaterduellen. Auch sei finanzieller Trost denkbar als Pflaster. „Wir werden diese Wunde pflegen“, sagt kühn Frau Kuster-Wendenburg und denkt an verschreckte Besucher.
Doch schließlich: nach jeder Vorstellung werden alle Vorhänge abgezogen und Vitrinen zurechtgerückt. Und kooperationslustig sind sie ja, die Theaterleute: Wenn ihr was zum Aufstellen habt, sagt der Betriebsdirektor, sagt das doch gleich. Aber nicht immer gibt es Totempfähle. Claudia Kohlhas
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