: Lafontaine im Vormarsch
■ Der SPD-Vize weist der SPD neue Perspektiven und unterstreicht seine Anwartschaft auf die Kanzlerkandidatur / Parteitag diskutiert neues Programm
Berlin (dpa) - Mit einer begeistert aufgenommenen Rede hat der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine seine Partei auf einen Kurs der programmatischen Erneuerung eingeschworen. Auf dem Parteitag in Berlin unterstrich er gleichzeitig seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur der Sozialdemokraten bei den Bundestagswahlen in einem Jahr.
Nach einer von großer Einmütigkeit geprägten Aussprache verabschiedeten die rund 440 Delegierten die Präambel des neuen SPD-Grundsatzprogramms. Danach wollen die Sozialdemokraten auch künftig als linke Volkspartei die Ideen des demokratischen Sozialismus offensiv vertreten. Das unter Leitung von Lafontaine erarbeitete „Berliner Programm“ soll an diesem Mittwoch endgültig beschlossen werden. Es löst das Godesberger Programm von 1959 ab. Seine Kernpunkte sind die Ausrichtung der Wirtschaft am Schutz der Umwelt, die Gleichstellung von Mann und Frau in allen Lebensbereichen sowie die Gleichbewertung unbezahlter Tätigkeiten - wie im Haushalt oder bei der Pflege - mit bezahlter Erwerbsarbeit.
In seiner richtungsweisenden Rede umriß Lafontaine die Ziele seiner Partei für die nächsten Jahrzehnte. Die Sozialdemokraten müßten die überfällige Umsteuerung der Gesellschaft mutig angehen und daher in einem Jahr wieder die Regierungsverantwortung in Bonn übernehmen. Sie seien „die Partei der Freiheit und des Friedens“. Auf Ablehnung stießen die Äußerungen Lafontaines bei CDU/CSU und FDP. Umweltminister Klaus Töpfer warf seinem Gegenkandidaten bei der saarländischen Landtagswahl prinzipienlosen Opportunismus vor. Er predige den Sozialismus und wolle gleichzeitig die Menschen in der DDR daran hindern, vor dessen Auswirkungen zu fliehen. CSU -Generalsekretär Erwin Huber sprach von „bundesdeutschem Chauvinismus“ in der Rede Lafontaines. Die FDP -Generalsekretärin Cornelia Schmalz-Jacobsen erklärte, bei dem „geschickten Linkspopulismus“ des Sozialdemokraten blieben die Inhalte auf der Strecke. Siehe Bericht auf Seite 5
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