: Getarnte Punks
■ „Napalm Death“ im Aladin / Botschaft verschmiert
Dienstagabend spielte die Liverpooler Death Metal-Gruppe „Napalm Death“ im Aladin, mit Morbid Angel (USA) als Vorgruppe, vor einer Gemeinde von Bekehrten. Sogar aus Güstrow in der DDR waren Fans angerückt.
Die Vorgruppe war die technisch abwechslungsreichere - was nicht viel heißen will. Aber Napalm Death brachten den zu erwartenden Sound vorschriftsmäßiger. Wirklich jedes Stück beginnt mit „Uuoööh! “ und endet mit „Cheeeers!“ Dazwischen steht das Stück wie Blutwurst in der Gerinnungsphase. Überhöhte Geschwindigkeit führt zu Stillstand. Die Stimme, wie von sechs Fuß unter der Erde, fließt zäh ins Ohr, wenn auch noch so viele Worteinheiten pro Minute ins Mikro gejagt werden.
Eine faszinierende Wirkung wäre möglich, wenn Napalm Death (und alle vergleichbaren Gruppen) sich nur etwas mehr auf Dramaturgie verstünden. Wenn jedes Stück langatmig angekündigt wird (dazu noch in einem nordenglischen Dialekt, der enthüllt, daß es leider doch nicht Satan persönlich ist, der vor uns
steht, sondern der nette Jung von nebenan); wenn dann einige Stücke nur zehn Sekunden dauern, kürzer als ihre Ansage dann reißt der Faden. Wir wollen uns doch überwältigt fühlen und können es nicht. Napalm Death sollten sich entschließen, ihre ganze schwarze Messe in einem Block runterzureißen.
Oder den Stil zu wechseln. Sind sie nicht eher eine verhinderte hard core punk-Band, die
aus taktischen Gründen auf death metal macht? Lee Dorrians gedankenvolle Texte sprechen dafür. Die death metal-Form der Musik ist nur Schein und verschmiert die Botschaft zur Unkenntlichkeit.
Doch die Gemeinde ficht's nicht an. Vor der Bühne wurde die Mähne geschüttelt, was das Zeug hielt, und alle paar Minuten stürzte sich ein head diver vom Bühnenrand.
Klemens Alff
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