: Viel Tonnage macht noch keinen Gewinn
■ Bremer Häfen legten gewichtsmäßig kräftig zu / Erlöse der Bremer Lagerhausgesellschaft sanken / Stadtnahe Häfen bleiben Lagerbrache
Rolf Fastenau, Vorstandsvorsit zender der Bremer Lagerhausgesellschaft (BLG), hat ein Problem. Wenn er Bremen-Besucher durch den Hafen schippern läßt, sind fast keine Schiffe da. „Wir leiden selbst darunter, daß die Leute sagen: 'Bremen ist eine schöne Stadt, aber im Hafen ist nichts los.'“ Warum in Bremens Hafen zwar immer weniger zu sehen, aber dafür immer mehr los ist, wollten Fastenau und der zuständige Senator, Konrad Kunick, gestern der Bremer Landespressekonferenz erklären.
Mehr los ist vor allem im Containerumschlag und hier wiederum vor allem in Bremerhaven. Dort wurden im vergangenen Jahr mehr als eine Millionen „Behältereinheiten“ umgeschlagen, das sind 9 Prozent mehr als 1988. Und weil die Container auch immer voller werden, gab es im vergangenen Jahr in den bremischen Häfen insgesamt 12,05 Milllionen Tonnen, die umgeschlagen
wurden und das wiederum ist eine Steigerung von 16 Prozent.
Auch auf der Getreideanlage wurde im ablaufenden Jahr ein Umsatzplus erzielt. Das Stückgutgeschäft ging dagegen um mehr als 7 Prozent zurück, eine Folge des ausgebliebenen Röhrengeschäftes mit der Sowjetunion. Wenn schon nicht Röhren, dann wenigstens Bananen: Die wurden in bisher unbekannter Menge in Bremerhaven umgeschlagen. Sage und schreibe 600.000 Tonnen wurden angeliefert. Überhaupt Bremerhven: Erstmals hat die Hafengruppe Bremerhaven mit 17,2 Millionen Tonnen die Hafengruppe Bremen-Stadt mit 15,3 Millionen Tonnen überholt.
Trotz der gestiegenen Umschlagsmengen: die Aktionäre der Bremer Lagerhausgesellschaft, sprich das Land Bremen, davon kaum profitieren. Genaue Zahlen wollte BLG-Chef Fastenau zwar nicht nennen, aber die
Erlöse, die die 4.077 Mitarbeiter der BLG erwirtschaften, sind rückläufig. Fastenaus Begründung: die harte Konkurenz der Häfen untereinander und die schlechte Finanzlage der meisten Reeder. Fastenau: „Ich hoffe, daß es der Schiffahrt bald wieder beser geht.“
Dafür zu sorgen, daß es auch den Bremer Häfen bald noch besser geht, ist Aufgabe des zustän
difgen Senators und bringt dem eine Menge interessanter Dienstreisen. So war Kunick jüngst in Malaysias, um in Kuala Lumpur ein „BBB“ einzuweihen. Das „Bremer Business Bureau“ dort ist bereits das vierte Akqusitionsbüro in der großen, weiten Welt. Und im kommenden Jahr sollen Repräsentanzen in Taipeh und Seaul folgen. Doch die Bremer Hoffnungen liegen nicht länger
vor allem in Fernost. Kunick setzt auch auf einen Ausbau der Beziehungen zu den „ehemaligen Ostblockstaaten“ (Kunick). Daß dabei Hamburg und die Elbe geographisch allemal günstiger als Bremen liegt, stört Kunick nicht. Erstens sei Bremerhaven der letzte große, direkt am Meer gelegene Hafen für alle, die eine Fahrt um den Skagerak oder durch den Nord -Ostsee-Kanal scheuen und
zweitens: „Sachsen und Thüringen liegen näher an Bremen als an Hamburg.“
Kunick setzt
auf Ost-Handel
Auch wenn der Hafen zumeist leer ist, Kunick will mehr Flächen. So soll der Containerhafen in Bremerhaven zwei neue Liegeflächen für Containerschiffe erhalten. Das bedeutet, daß 700 Meter neue Kajenfläche errichtet werden muß. Gesamtvolumne der Investition: 450 Millionen Mark und somit „eines der größten finanzpolitischen Probleme Bremens“ (Kunick). Hinter diesem Projekt sollen alle anderen Hafenerweiterungs-oder Umbaupläne zurückstehen. So hat auch die Umgestaltung des leeren Europahafens für Kunick keine Eile. Auch wenn dort kaum noch umgeschlagen wird, die Schuppen sind voll, sagt Kunick: „Die Schuppen sind bis unter das Dach voll mit Kakao.“
Und vor dem Umbau dieser sogenannten „altstädtischen Häfen“ kommt dann in der Prioritätenliste des Häfensenators auch noch ein weiterer Ausbau des Neustadter Hafens. Das bedeutet, daß die stadtnahen und verkehrlich gut angebunden Häfen aller Voraussicht nach für den Rest diesed Jahrtausends als Lagerplatz genutzt wird.
hbk
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