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Wir wollen Pause!

Das haben wir doch einfach nicht verdient! Wie sich vielleicht auch schon außerhalb der Branche herumgesprochen hat, ist Journalismus ein unruhiger Beruf, und seit dem ach so geschichtsträchtigen 9. November versucht die Zunft mehr oder minder atemlos dem Gang der Weltgeschichte hinterherzuhecheln. Die Berliner Lokaljournalisten haben es da einmal kaum leichter als die Kollegen in den sonst eher geschichtsträchtigen überregionalen Ressorts, ist diese Stadt doch im Augenblick wie keine zweite betroffen vom Gang der Geschichte.

Keine Frage, für den Fall der Mauer schlägt man sich schon einmal ein paar Nächte um die Ohren, wenn's denn sein muß, steht man sich auch für die Öffnung des Brandenburger Tors die Füße in den Bauch - wer spricht denn davon, daß es umsonst war. Sprints von einem neu eröffneten Grenzübergang zum nächsten halten angeblich fit und geben einem dieses herrliche Gefühl, am Puls der Zeit zu sein. Wenn die Herren Alliierten zum ersten Mal nach fast zwanzig Jahren im sonst fast völlig leerstehenden Kontrollratsgebäude tagen, könnte man schon ein wenig ungeduldig werden, wenn sie hinterher nur zum Photo Aufstellung nehmen und kein Wort sagen. Ganz zu schweigen davon, daß man bei Schneeregen die von der Geschichte getriebenen Journalisten vielleicht in einem der 520 unbenutzten Räume hätte warten lassen können - und nicht stundenlang im Freien.

Aber muß sich kurz vor dem Fest der Liebe die Dauerkrise unserer Landesregierung so zuspitzen, daß die rot-grüne Koalition droht auseinanderzubrechen? Regieren heißt, Verantwortung zu übernehmen, und da sollte man unsere Damen und Herren SenatorInnen in die Pflicht nehmen und sie an ihre Verantwortung erinnern: Diese Stadt braucht eine Verschnaufpause, und wir dazu! Um ein populäres Bild aufzugreifen: Die SPD sollte weniger Muskeln und die AL mehr Hirn zeigen und beide gemeinsam sich der „historischen Situation“ erinnern, von der sie soviel reden. Oder fängt der Wahlkampf noch vor Weihnachten an? Auch wenn mancher im Rathaus Schöneberg offensichtlich Interesse daran hat, das Ende herbeizureden: Wir wollen Pause!

Kordula Doerfler

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