: Bombengeschäfte
■ Betrügerfirma für Kampfmittelbeseitigung bleibt ungeschoren / Für laue Geschäftszeiten wurde Sprengkörpervorrat angelegt
München (taz) - Die skandalöse „Bombenvorratspolitik“ der oberbayerischen Firma Röhl bleibt ohne strafrechtliche Konsequenzen. Dies teilte gestern der SPD -Landtagsabgeordnete Franz Götz mit. Die Firma, die in Bayern das Monopol auf Kampfmittelbeseitigung aus den beiden Weltkriegen besitzt, machte Mitte dieses Jahres Schlagzeilen. Grund: Damit das „bombensichere Geschäft“ nicht flöten geht, legten Arbeiter der Firma illegale Bombendepots an, um sich in „Notzeiten“ zu bedienen und die „beseitigten“ Sprengkörper vorzuweisen.
„Da hods dann gheißn, mir ham de Woch scho‘ eine Bombn“, so der Angestellte, Joseph Weigerding. Ihm bot die Firmenleitung 50.000 Mark Schweigegeld, falls er die Existenz der „Notdepots“ verneine. Dreizehn solcher Depots zwischen Passau und Ingolstadt mit insgesamt 56 Splitterbomben, 119 Handgranaten und 64 Stück Flakmunition wurden festgestellt. Obwohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft diese illegalen Praktiken bestätigen, konnte nur bei zwei Depots genau belegt werden, wer sie angelegt hat. Die beiden Arbeiter der Firma, die dies zugaben, können wegen Verjährung aber nicht belangt werden.
Ebensowenig erwischt es wieder einmal die Bosse der Firma. Einzig der Hauptbelastungszeuge und Informant Joseph Weigerding hat ein Gerichtsverfahren am Hals. Der unheilbar Kranke, er mußte nämlich auch im Auftrag der Firma illegal das hochgefährliche Giftgas Lost verbrennen, wird beschuldigt, übers Wochende eine Granate auf einem Privatgrundstück deponiert zu haben. Den Auftrag bekam Weigerding jedoch von seiner Firma.
Nur in Bayern und Hessen sind Privatfirmen mit dem Suchen, Bergen und Beseitigen von Kampfmitteln beauftragt, woanders wird dies staatlich organisiert. Abgeordneter Götz vermutet, daß die Staatsanwaltschaft sich bei den Röhl-Ermittlungen, auch deshalb zurückgehalten hat, um dem bayerischen Innenministerium keine Verletzung der Aufsichtspflicht in dieser Angelegenheit nachweisen zu müssen.
Luitgart Koch
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