West-Akws vor den „runden Tisch“

■ Bürgerinitiative in Lüchow-Dannenberg gegen Widerstandsexport gen Osten

Berlin (taz) - Die Berichte über den geplanten Bau von vier West-Akws in der DDR haben Umweltschützer in beiden deutschen Staaten aufgescheucht. Nachdem Vertreter des Neuen Forums und der Ostberliner Umweltgruppe „Arche“ bereits am Dienstag verlangt hatten, den geplanten Handel am „runden Tisch“ zu thematisieren, schlug gestern die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg in die gleiche Kerbe.

In einem offenen Brief appellierte die Bürgerinitiative, die seit über zehn Jahren gegen die im Raum Gorleben vorgesehenen Atomanlagen opponiert, an die Ökologen in der DDR, das von den Stromkonzernen Preussen Elektra und Bayernwerk anvisierte „Akw-Dumping in die DDR“ in der Verhandlungsrunde von Regierung und Opposition in Ost-Berlin anzusprechen.

Als „unglaublichen Aberwitz der Geschichte“ bezeichnete es BI-Sprecher Ehmke in dem offenen Brief, daß die gegenwärtige Lage in der DDR dazu genutzt werden könnte, der „maroden Atomindustrie einen neuen Absatzmarkt bei Euch zu verschaffen“. Die Umweltgruppen in der DDR dürften sich nun nicht entlang der Frage „Braunkohle oder Kernenergie“ spalten lassen. Die Belastungen aus der Braunkohleverwertung gegen die Probleme der Reaktorsicherheit beziehungsweise der Atommüllagerung einzutauschen, käme einer „Wahl zwischen Pest und Cholera“ gleich, meinte der BI-Sprecher.

Eindeutig wandte sich Ehmke gegen „einen Export unseres Widerstands“ in die DDR. Dies wäre „anmaßend und lediglich eine Kopie des imperialen Aufkaufs der DDR-Wirtschaft im alternativen, umweltschützerischen Mantel“, heißt es in einer weiteren Erklärung des BI-Sprechers.

In einem Papier hatten das Neue Forum und die Bundesarbeitsgemeinschaft Energie der Grünen (West) die Modrow-Regierung am Wochenanfang vor „strukturellen Festlegungen“ in der Energiepolitik zum jetzigen Zeitpunkt gewarnt. Zuvor müsse eine Energiediskussion in der DDR stattfinden.

gero