: Klöckner soll kein Schweizer Käse werden
■ Strategie zur Aufsplittung des Klöckner-Stahlwerkes gescheitert / Betriebsrats-Erfolg vor Arbeitsgericht
Auf dem Plan der Betriebsanla gen der Klöcknerhütte hat der Betriebsrat einige „rote Gebiete“ eingezeichnet: Gebäude, in denen die Arbeitnehmervertretung keine Rechte hat. Immer mehr Arbeiten, die eigentlich Teil des Stahlwerkes sind, werden firmenrechtlich ausgegliedert - „wie ein Schweizer Käse“, sagt Betriebsratsvorsitzender Peter Sörgel gestern vor dem Landesarbeitsgericht, könnte die Hütte für die Arbeitnehmervertreter bald aussehen. Wenn die Arbeitsgerichte dem nicht Einhalt gebieten.
Für LeiharbeiterInnen hat das Arbeitsgericht inzwischen festgestellt, daß da die Betriebsräte zuständig sind. Deshalb sind Verleih-Firmen dazu übergegangen, kompliziertere Formen der „Kooperation“ rechtlich selbständi
ger Firmen zu entwickeln.
Gestern wurde über den Fall Samofar-Framaborg verhandelt. Der internationale Arbeits-Verleih-Konzern, der seinen Sitz in Philadelphia/USA hat, arbeitet seit 3 Jahren auch auf dem Klöckner-Gelände. Inzwischen sind es 110 Belgier und Franzosen, die hier Unebenheiten an den Stahl-Blöcken weg -„flämmen“. Ein Drittel der Stahl-Produktion von Klöckner geht durch ihre Hände.
Arbeitsrechtlich stehen die Leute von Framaborg nicht nur wegen der Sprach-Probleme auf schwachen Füßen. In ihrem Arbeitsvertrag steht auch nichts von Bremen und der Klöckner -Hütte, das heißt sie können ohne große Probleme von ihrem weit verzweigten Unternehmen irgendwohin versetzt werden. Diejenigen, die versucht haben, in Bre
men einen Betriebsrat für die 110 Beschäftigten zu installieren, seien „längst weg“, wissen die Klöckner-Leute. Einen Framaborg-Betriebsrat soll es geben, berichtet der Klöckner-Betriebsrat Eike Hemmer vor Gericht, „aber der ist uns nicht bekannt“. Der Klöckner-Betriebsrat hat die angeblichen Arbeitnehmervertreter, die von Düsseldorf -Ratingen aus die Interessen von 110 in der Bremer Hütte arbeitenden Kollegen vertreten sollen, nie gesehen. Die ausländischen Kollegen hätten erklärt, daß dieser Betriebsrat auch nicht „da“ ist, wenn sie ihn brauchen. „Der ist auch nicht gewählt“, behauptet Sörgel. Der Justiziar der Klöckner-Hütte, Jürgen Lißewski, hebt die Schultern: Damit hat Klöckner nichts zu tun.
Der Betriebsrat will sich aber
nicht durch die Firmenstrategie entmachten lassen. Anlaß der juristischen Streits war das Interesse von Framaborg, weitere Arbeiter einzustellen. Das würde bedeuten, daß die entsprechende Arbeit für Klöckner-Kollegen wegfallen würde, argumentiert der Betriebsrat - ein weiteres Loch in dem Schweizer Käse der betrieblichen Interessenvertretung. Der Klöckner-Betriebsrat fordert ein Mitbestimmungsrecht für die Subunternehmen auf dem Klöckner-Gelände.
Sein Argument: Vom Arbeitsprozeß her ist die Framaborg -Flämmerei vollständig in den Stahl-Betrieb integriert. Die Framaborg-Leute bekommen genaue Arbeisanweisungen von den Klöckneranern, sie müssen die Stahl-Brammen sofort weitergeben, wenn sie geflämmt sind.
Früher arbeiteten ihrer Stelle Klöckner-Beschäftigte. Das Gegenargument des Anwaltes der Klöckner-Hütte, Arbeitsverträge hätte die Flämmer aber mit der anderen Firma und auch eigene Duschen und Pausen, hatte schon die erste Instanz des Arbeitsgerichts nicht akzeptiert. Inzwischen hatte Klöckner seine Arbeitsplätze in der Flämmerei ein paar Meter weggerückt von den Framaborg-Arbeitsplätzen, um den Eindruck einer eigenen Betriebsstätte zu stärken. „Was tut man nicht alles“, entfährt es Landesarbeits-Richter Sanner.
Die Klöckner-Hütte und ihr Anwalt Schmalenberg hatten vor dem Bremer Landesarbeitsgericht keine Chance. Wie schon die erste Instanz bestätigt das Urteil die Rechte des Betriebsrates.
K.W.
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