: USA stellen sich auf Guerillakrieg ein
■ Einmarsch in Panama erweist sich als militärischer und diplomatischer Fehlschlag / Ist Noriega auf dem Weg nach Nicaragua? / Endaras Regierung im Ausland nicht anerkannt / GIs erschossen spanischen Journalisten
Panama/Washington - Vier Tage nach Beginn der Invasion in Panama haben die US-Truppen die Lage noch immer nicht unter Kontrolle, während im Ausland jedoch die Kritik an dem Einmarsch anhielt. In Panama-Stadt herrschte gestern ein Zustand des Chaos; immer wieder kam es zu Plünderungen und Schießereien. In der Hauptstadt Panamas und im Hinterland gingen die Kämpfe zwischen den US-Streitkräften und den Noriega ergebenen Truppen am gestrigen Tag unvermindert weiter. Nach Augenzeugenberichten kam es in der zentralen Via Argentina in Panama-Stadt zu Schießereien, als US -Patrouillen auf Mitglieder von Noriegas paramilitärischen „Bataillonen der Würde“ stießen.
Auch in anderen Teilen des Landes gab es offenbar noch starke Widerstandsherde. In Panamas viertgrößter Stadt Chitre, etwa 250 Kilometer westlich der Hauptstadt, leisteten panamaische Einheiten weiterhin hartnäckigen Widerstand. Ein amerikanischer Offizier gestand ein, daß in Panama einiges auf einen längeren Guerillakrieg hindeute.
Ohne offensichtlichen Grund haben US-Soldaten Zeugenberichten zufolge vor dem „Marriott„-Hotel in Panama -Stadt bereits am Donnerstag auf eine Gruppe ausländischer Journalisten geschossen. Dabei wurden der spanische Fotograf Juan Antonio Rodriguez getötet und drei andere Korrespondeten verletzt. Nach Angaben der 'El Pais' -Redakteurin Maruja Torres, die die Ereignisse miterlebte, schossen die US-Soldaten in Richtung der Journalistengruppe, als diese vom Hotel abzog, nachdem ihr der Zutritt von einem „sehr nervösen“ US-Soldaten verwehrt worden war, obwohl sie sich als Presseleute ausgewiesen hatten.
US-Präsident Bush beklagte indessen den Tod von US-Soldaten bei der Intervention, vertrat jedoch die Auffassung, der Sturz Noriegas sei es wert gewesen. Bush schwor, Noriega solange zu verfolgen, bis er gefangengenommen werde. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) verurteilte die Intervention am Freitag und forderte einen Truppenrückzug der 24.000 US-Soldaten und eine sofortige Beendigung des Blutbades. Nur die USA stimmten gegen die Resolution, sechs Länder darunter Venezuela enthielten sich der Stimme.
Einer der ersten Schritte des von den USA eingesetzten Präsidenten Endara, war die Anordnung einer unbefristeten Ausgangssperre über das Land, die jedoch kaum beachtet wurde. Da der neue Präsident über keine eigenen Truppen verfügt, mußte er zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf amerikanische Soldaten zurückgreifen. 400 amerikanische Militärpolizisten wurden abkommandiert, um in der Hauptstadt für Ordnung zu sorgen. Aus Nord-Carolina wurden unterdessen neue Truppen nach Panama verlegt, um die Invasionsstreitmacht zu verstärken.
Auch international konnte sich die von den USA eingesetzte Regierung nicht durchsetzen. Japan will Endaras Regierung zunächst nicht anerkennen. Das teilte ein Vertreter des Außenministeriums gestern in Tokio mit. Dies gelte zumindest solange, bis die amerikanischen Truppen abgezogen würden. Ministerpräsident Toshiki Kaifu wiederholte unterdessen, er „bedauere“ die Intervention, könne sie aber „verstehen“.
Der honduranische Präsident Jose Azcona, ansonsten ein enger Verbündeter der USA, sagte, es sei „schwierig“ die Regierung Endara anzuerkennen. Auch wenn Endara bei den Wahlen gesiegt habe, sei er nun mit Hilfe einer ausländischen Intervention an die Macht gekommen. Azcona kritisierte gleichzeitig, daß die US-Truppen in Panama zu einer „Besatzungsarmee“ geworden seien. Der honduranische Präsident forderte den sofortigen Rückzug der Invasoren. Nach seiner Ansicht sind die USA in Panama die „großen Verlierer“.
Der peruanische Präsident Alan Garcia sagte unterdessen, er könne sich im Februar nicht mit seinem amerikanischen Amtskollegen George Bush bei dem geplanten Drogengipfel in Cartagena treffen, da dieser „Lateinamerika mit Füßen getreten“ habe. So wie die USA in Panama einmarschiert seien, könnten sie es auch mit Peru machen, wenn sie der Meinung seien, daß die Regierung in Lima nicht genug gegen den Drogenhandel unternehme. Präsident Garcia forderte eine Verschiebung des Drogengipfels.
Noriega soll nach Angaben eines israelischen Fernsehkorrespondenten Zuflucht auf der Insel Contadora vor der Küste Panamas gesucht haben. Der Journalist sagte, Noriega und einer seiner angeblich engsten Berater, der frühere israelische Geheimdienstler Mike Harrari, seien am Donnerstag auf Contadora gesehen worden. Norieaga wolle über Costa Rica nach Nicaragua gelangen, um dort um Asyl zu bitten.
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