: Blick auf Chancen versperrt
■ „Grüner Konkurs - DDR-Flaggen auf dem Bremer Domshof“ vom 20.12.89
Wer sowohl den Aufruf zur „DDR-Demonstration“ samt seiner UnterzeichnerInnen genau gelesen hat, und wer ein bißchen die politischen Diskussionen bei den Grünen in Bremen verfolgt, dem wäre aufgefallen, daß zwar ein Mitglied der Grünen Fraktion Mitunterzeichner gewesen ist, aber weder Fraktion noch Landesverband der Grünen sich daran beteiligt haben. Von der taz erwarte ich hier mehr sachliche Information statt platter Polemik.
Um die deutsche Frage wird in den Grünen und um die Grünen herum viel gestritten und dirskutiert - warum soll ein Mitglied der Grünen Fraktion in dieser Diskussion nicht Stellung beziehen und damit an die Öffentlichkeit gehen. Ein grünes Mitglied, auch wenn es exponiert ist, steht damit aber noch nicht automatisch für die gesamte Partei; das wurde im Aufruf betont.
Ich hätte den Aufruf nicht unterschrieben, wenn ich gefragt worden wäre, da hinter der Position der Zwei-Staatlichkeit, dem Erhalt des Status Quo, in letzter Konsequenz auch dem Verbleiben in Nato und Warschauer Pakt eine Angst steckt, der veränderten Wirklichkeit hier wie dort ins Auge zu sehen und der Blick auf die eigene Geschichte reduziert wird auf Faschismus, Krieg und Bedrohung. Und damit wird der Blick auf die gesamtgesellschaftlichen Chancen, die mit dem Bruch der Mauer eröffnet werden könnten, versperrt.
“...nicht nur die Menschen in der DDR, auch wir leben seitdem in einem anderen Land und in einer neuen Epoche ... Die Schwierigkeiten der Grünen ihre Politik diesbezüglich neu zu durchdenken und neuzugestalten ... sind aus dem Stand nicht behebbar. Sie haben auch etwas mit der relativ jungen Geschichte der Grünen zu tun, mit den Schwierigkeiten jener Generation, aus der sie vornehmlich herkommen, mit deutschen Mehrheiten‘ und mit deutscher Geschichte. Es führt aber auch kein Weg an dieser Neuorientierung vorbei...“ (Zitat aus einem Antrag, der auf der letzten Grünen Mitgliederversammlung angenommen worden ist).
Cecilie Eckler-von Gleich, Landesvorstandssprecherin der Grünen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
