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Kein neues DDR-Geld

Aufatmen bei westlichen Ost-Mark-Besitzern  ■ Mit der SPEKULATION auf Du und Du

Die westlichen Besitzer von Mark der DDR scheinen aufatmen zu können. Das in Insiderkreisen schwelende Gerücht, die Zentralbank der DDR würde mit Beginn des Jahres 1990 einen Umtausch ihrer Geldscheine vornehmen, hat sich - bislang nicht bewahrheitet. Die Rede war von einer im Rahmen der Neuregelung des Devisenverkehrs zwischen der Bundesrepublik bzw. West-Berlin und der DDR einzuführenden Annullierung der bislang gültigen 100-Mark-Scheine und deren partielle Ersetzung durch neue Noten.

Ein solcher Schritt hätte die gesamten im Westen umlaufenden 100-Mark-Scheine, die größte Note der DDR, schlagartig auf Null entwertet. Alle Mark-Spekulanten, die seit geraumer Zeit DDR-Geld aufkaufen, um für alle ökonomischen Bereicherungseventualitäten gewappnet zu sein, hätten dann in den Kamin geschaut. Annulliert worden wäre ein Betrag von etwa 3 bis 4 Milliarden Mark, der vorläufigen Schätzungen zufolge seit Öffnung der Grenzen in den Westen abgeflossen ist.

Ein solcher Schlag gegen die Währungsspekulanten hätte weitreichende interne Absicherungsmaßnahmen erfordert. Um die DDR-Bürger, in deren Händen sich die weitaus größte Summe von 100-Mark-Scheinen befindet, nicht in die Falle einer kalten Enteignung von Kaufkraft laufen zu lassen, wäre es notwendig, die Umtauschaktion präzise zu kontrollieren.

Auf jüngste Erfahrungen könnte zurückgegriffen werden: Der Umtausch von alten in neue Scheine kann wie im Falle bestimmter Konsumgüter nur gegen die Vorlage von DDR -Personaldokumenten erfolgen, und er müßte innerhalb zeitlich fixierter Grenzen verlaufen. Intensivierte Personenkontrollen im West-Ost- Verkehr während dieser Phase hätten zu vermeiden, daß die annullierten Scheine von DDR -Bürgern wieder in gültiges Geld verwandelt werden. Insgesamt sicherlich eine gewaltige, aber prinzipiell zu bewältigende Aufgabe.

Trotz aller berechtigten Ängste vor einem Abkauf der DDR: Die Umtauschgerüchte verweisen eher auf die rege und unkontrollierte Phantasie von Westspekulanten denn auf realistische geldpolitische Strategien der DDR. Der Aufwand einer solchen Aktion würde in keiner vernünftigen Relation zu dem Nutzen stehen: Angesichts des wirtschaftlichen Gefälles zwischen beiden deutschen Staaten wäre auch der Export neuer 100-Mark-Noten in den Westen eine nicht aufzuhaltende Entwicklung.

Zausel

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