: Wie wird die „Specki-Tonne“ entsorgt?
■ CDU fordert neue Hausmüllverbrennungsanlage / Umweltverwaltung stimmt dem zwar nicht zu, lehnt aber auch nicht ab - und will erst einmal „Specki-Tonne“ für Küchenabfälle ausprobieren / Staatssekretär Groth (AL) hält Ost-West-Verbrennungsanlage für möglich
Was die Ostberliner unter dem Namen „Specki-Tonne“ bereits kennen, wird im Mai versuchsweise auch vor einigen Westberliner Wohnhäusern aufgestellt: eine eigene Mülltonne für Bioabfälle. In einigen Teilen von Steglitz, Zehlendorf und Neukölln sei dies als „Probelauf“ geplant, bestätigte gestern Bernd Müller, Sprecher der Berliner Stadtreinigung (BSR). Das Projekt stecke aber noch in den Kinderschuhen, schränkte Müller ein. So sei noch völlig ungeklärt, wohin die Küchenabfälle überhaupt wandern könnten und ob eine Kompostierung möglich sei.
Der BSR-Sprecher präzisierte damit Aussagen von Umweltstaatssekretär Groth, der dieses Projekt gestern in einem Gespräch mit der taz ankündigte. Hintergrund der Ankündigung: Der CDU-Abgeordnete Hassemer hat Umweltsenatorin Schreyer gestern per Pressekonferenz Untätigkeit in der Müllpolitik vorgeworfen. Was die getrennte Sammlung von Hausabfällen angehe, sei in den letzten zehn Monaten „nichts geschehen“, so das Fazit des CDU-Umweltexperten.
Der CDU-Abgeordnete präsentierte gestern seinen eigenen Vorschlag, um einen Müllnotstand in West-Berlin zu vermeiden. Er forderte den Senat auf, sich „schnellstens“ für den Bau einer Hausmüllverbrennungsanlage (MVA) zu entscheiden. Mit der DDR müsse darüber gesprochen werden, ob diese Anlage auf ihrem Gebiet gebaut werden könne, sagte Hassemer. „Wenn die DDR sich sperrt“, so der CDU -Umweltpolitiker, müsse die MVA in der Westberliner Gradestraße gebaut werden. Dies sei aber nur die „zweitbeste Lösung“.
Auch wenn es gelinge, größere Abfallmengen gar nicht erst entstehen zu lassen oder zu recyclen, bleibe ein Rest, der entweder verbrannt oder deponiert werden müsse, begründete Hassemer seinen Vorstoß. Die Verbrennung ist in den Augen des CDU-Politikers eindeutig die „ökologischere Alternative“. Bürgerproteste würden es künftig ohnehin verhindern, den Westberliner Müll auf Deponien in der DDR abzuladen, prognostizierte der Abgeordnete.
Staatssekretär Groth lehnte Hassemers Vorschlag gestern nicht rundweg ab. Eigentlich hatte sich der rot-grüne Senat in seiner Koalitionsvereinbarung darauf festgelegt, keine weitere Hausmüllverbrennungsanlage zu bauen. Die neu entstandenen Kooperationsmöglichkeiten mit der DDR hätten jedoch eine neue Situation geschaffen, meinte Groth. Als Ergebnis der jetzt angelaufenen Gespräche, räumte der Staatssekretär dann doch ein, sei auch der Bau einer gemeinsamen Verbrennungsanlage für Ost- und West-Müll denkbar. Ziel des Senats sei es, noch in diesem Jahr über ein Abfallkonzept zu entscheiden. Hassemers Behauptung, die Verbrennung sei ökologischer als eine Deponierung, wies der Staatssekretär aber zurück. Die Umweltministerkonferenz, der auch CDU-Politiker angehören, habe einstimmig erklärt, daß der jeweilige Einzelfall geprüft werden müsse.
hmt
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