piwik no script img

„Auch den Amerikanern gegenüber muß man offen sein und nein sagen können“

Auszüge aus einer Rede von Shintaro Ishihara bei seiner Wahlkampfveranstaltung in Oimachi-Shinagawa, Tokio  ■ D O K U M E N T A T I O N

Politiker vertreten die Interessen der Bevölkerung, und um das zu tun, muß man als Politiker gelernt haben, deutlich ja und nein zu sagen. In der Liberal-Demokratischen Partei aber wimmelt es von Politikern, die immer nur „Yes, Yes“ sagen, um ihre Karriere zu sichern und um unbehelligt zu bleiben. Auf ihren politischen Treffen haben die Bürokraten das Sagen, und was sie sagen, gilt.

Nachdem ich gesehen habe, wie Toshiki Kaifu im vergangenen August zu unserem Parteivorsitzenden und Regierungschef gewählt wurde - und ich habe damals gegen ihn kandidiert bezweifle ich, daß er jemals nein sagen wird, zumal in wichtigen Verhandlungen mit den USA. Es waren ja auch wieder nur die wenigen Bandenchefs in der Partei, die Kaifu in Wirklichkeit ernannten. Wenn aber Politik sich weiter auf diese Art vollzieht, wird Japan zugrundegehen. Deswegen habe ich mich auf die Wahl des Parteichefs eingelassen.

Die Zeiten ändern sich. In China hat Deng die Landwirtschaft liberalisiert, und die Bauern sind gut dran. In der Sowjetunion hat Gorbatschow, der die Perestroika begonnen hat, noch Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Es ist allen klar, daß das Experiment des Sozialismus und Kommunismus gescheitert ist. Und wie steht es um Japan, dessen Bruttosozialprodukt an die zweite Stelle der Welt geklettert ist? Man sagt, das Land ist reif geworden. Der Yen ist stark. Und trotzdem bekommt man von dem Reichtum so wenig mit. Importprodukte werden nicht billiger, obwohl der Yen stark ist .Die Preise in New York liegen 40 Prozent unter denen Tokios. Japaner essen den teuersten Reis der Welt. Der Grund dafür ist, daß Ministerien und Unternehmer den Handel regeln. Diese Struktur ist undurchsichtig und ineffektiv. Es sind die Bürokraten, die alles blockieren. Es liegt in der Verantwortung der Politiker, deren Macht zu brechen. Ich werde eine Gruppe in der LDP bilden, in der Politiker offen das sagen, was sie denken, und tun, was sie sagen. Der Selbstreinigungsprozeß ist nötig.

Auch den Amerikanern gegenüber muß man offen sein und nein sagen können. Denn sie verhalten sich Japan gegenüber nicht fair. Sie verhindern, daß Japan eigene Satelliten baut. Aus Angst, daß wir bessere Flugzeuge bauen, verhindern sie, daß wir ein eigenes Modell bauen. Sie zwingen Japan zu einem unfairen Vertrag über technische Zusammenarbeit. Und jetzt schlagen sie sogar noch vor, daß Japan die hier stationierten amerikanischen Soldaten bezahlt. Weil sie Japan nicht als gleichberechtigten Partner behandeln, ist es unglaubwürdig, wenn sie sagen, daß wir ihre Freunde sind. Warum etwa sollte Japan die US-Armee bezahlen? Die ist doch nicht hier, um Japan zu schützen. Sie ist hier, um den Stolz der Großmacht zu wahren und deren internationale Strategie. Die Sowjetunion ist sowieso nicht mehr in der Lage, Krieg zu führen. Ich sage nicht, daß alle amerikanischen Soldaten weggegen sollen. Aber doch ein paar. Unsere Flughäfen sind überlastet. Da könnten die Amerikaner einige ihrer Basen räumen.

Das Entscheidende ist, daß das Volk denkt und entscheidet. Um vom immer schnelleren Strom der Zeit nicht zurückgelassen zu werden, möchte ich mit dem Volk Politik machen. Das Volk ist den Bürokraten schon lange voraus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen