: C-Waffen-Abzug in den Sommerferien
■ Internes Polizeischreiben aus Rheinland-Pfalz ordnet Ferienstopp von Juli bis Mitte September an
Berlin (taz) - Neue Indizien weisen auf den Abzug der C -Waffen aus der Pfalz noch in diesem Sommer hin: In einem internen Telex vom 21. Dezember, das erst jetzt bekannt wurde, drängt der Polizeichef des Regierungsbezirks Rheinhessen-Pfalz, Korb, auf eine Urlaubssperre für alle rheinland-pfälzischen PolizistInnen - „in Anbetracht der zu erwartenden erhöhten Einsatzbelastung“. Der Polizeivize von Neustadt, Fischer, wollte gestern nicht dementieren, daß damit der Abzug der C-Waffen aus dem pfälzischen Rodalben gemeint ist.
Überdies entspricht die im Telex genannte Frist der Urlaubssperre „von Juli bis Mitte September“ dem bisher vermuteten Zeitraum des Giftgasabzugs. Die offiziellen Begründungen der Sperre widersprechen sich: Nennt Fischer die „Urlaubszeit“ als Grund, so sprechen andere Stellen von „verstärkten Verkehrskontrollen“. Diese aber sind inoffiziellen Angaben zufolge Teil der Sicherheitsvorkehrungen entlang der Abtransportstrecken vom Giftgaslager nach Nordenham.
Der rheinland-pfälzische SPD-Chef Scharping forderte gestern die Mainzer Landesregierung auf, der „Geheimniskrämerei“ ein Ende zu machen.
Aber nicht nur die Landes- und Bundesregierung, auch die USA versuchen, hinterm Berg zu halten, was die Gefährlichkeit des Transports von C-Waffen betrifft. In den Vereinigten Staaten selbst wird gelagertes Giftgas bezeichnenderweise an Ort und Stelle vernichtet, da die Risiken eines Transports bei weitem überwiegen. Denn das sogenannte VX und Sarin wirken nach Expertenberechnungen noch in 20 bis 30 Kilometern auf Menschen tödlich, wenn es bei Sabotage oder bei einem Transportunfall freigesetzt wird.
Für den Abtransport der US-Kampfstoffe sind mindestens 25 Autokonvois erforderlich. Jeder Konvoi soll aus etwa 80 Fahrzeugen bestehen. Die insgesamt rund 7.000 Tonnen Gift werden voraussichtlich in das US-Munitionsdepot Miesau bei Landstuhl gebracht und dort auf Güterzüge umgeladen. Quer durch die halbe BRD werden sie dann nach Nordenham transportiert und dort zum Verschiffen erneut umgeladen. Über den Pazifik segeln sie sodann auf das Johnston-Atoll südwestlich von Hawaii, wo sie verbrannt werden sollen.
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