piwik no script img

Wendehälse in den Startlöchern

■ Runder Tisch zur Sportpolitik in der DDR / Viel Selbstkritik, aber keine Konzepte / Unterdrückung einzelner Sportarten bemängelt / Lediglich Neues Forum präsentiert Vorlage für Sportgesetz

Nach den Politikern haben auch die Sportler in der DDR den runden Tisch, das „derzeit wohl bekannteste Möbel der Republik“ ('Deutsches Sportecho‘), für sich entdeckt. Bei einem ersten Treffen vor wenigen Tagen in Ost-Berlin fanden sich rund 30 Vertreter vom Funktionär des Deutschen Turn-und Sportbundes (DTSB) bis zum aktiven Sportler ein.

Bei der gut dreistündigen Diskussion zeichnete sich ab, daß überzeugende Konzepte fehlen. Über die Fehler der Vergangenheit gab es weitgehende Einigkeit. Der Mißbrauch des Leistungssports als Prestigeobjekt, mangelnde Transparenz seiner Förderung, Unterdrückung einzelner Sportarten zugunsten anderer und die Vernachlässigung des Massensports wurden als Hauptsünden genannt. Als „ernüchternde Tristesse“ hatte DDR-NOK-Sprecher Kluge die Situation des DDR-Sports vor kuzem in der Zeitung 'Junge Welt‘ beschrieben.

Verantwortlich für diese Politik ist vor allem der DTSB, wo seit fast vier Jahrzehnten die Funktionärsspitze Theorie und Realität des DDR-Sports bestimmte. Eben diese Organisation versucht, sich nach der politischen Wende in der Republik neu zu formieren und die Zügel wieder in die Hand zu bekommen. Welchen Einfluß der runde Tisch als Sprachrohr der Basis haben wird, hängt entscheidend davon ab, wie schnell es seinen Mitgliedern gelingt, überzeugende Konzepte zu entwickeln.

Richtungsweisende Inhalte hat bisher nur die Bürgerbewegung Neues Forum zu bieten. Pünktlich zu Beginn der Gespräche am runden Tisch präsentierte die Arbeitsgruppe Sport eine Vorlage für ein Sportgesetz mit 34 Hauptpunkten. Ihre zentrale Forderung ist eine „verantwortungsbewußte, sachliche, ausgewogene Sportpolitik im Interesse der Rettung von Bestand und Qualität des Sports in unserem Land“. Andere Parteien wie die Ost-CDU, Grüne und SDP waren nicht erschienen.

dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen