Filmhaus Esplanade Stopp vor der Zielgerade

■ Bezirksamt Tiergarten will die Baugenehmigung nicht erteilen / Senat: Das Filmhaus Esplanade soll auf jeden Fall gebaut werden / Betroffene warnen vor Verzögerung

Nach jahrelanger Planung will jetzt Tiergartens Bezirksbaustadtrat Horst Porath (SPD) den Umbauantrag fürs geplante „Filmhaus Esplanade“ ablehnen. Der Grund: Nach Öffnung der Mauer stehe das Gelände um den Potsdamer Platz neu zur Disposition. Auch Bezirksbürgermeister Naujokat will erst mal ein „Gesamtkonzept“. Die betroffenen Planer und Nutzer des Filmhauses erfuhren die alarmierende Nachricht erst aus der Presse. Beim Kultursenat wird dementiert: „Von Überlegungen zu einem Verzicht auf das Filmhaus Esplanade kann nicht die Rede sein“, meint Kultur-Pressesprecher Zawatka. Man rechne fest damit, daß das Bezirksamt Tiergarten den Antrag zügig bearbeitet und positiv bescheidet. Er wisse zwar nicht, was die Bezirkspolitiker zu ihrer Äußerung veranlasse, in jedem Fall aber überschreite Baustadtrat Porath da seine Kompetenzen. Natürlich müsse ein Bezirk Bauanträge genehmigen. Aber die Stadtplanung und auch das Filmhaus sei letztlich schon wegen seiner Bedeutung Sache des rot-grünen Senats.

Die Betroffenen sind trotzdem alarmiert. Professor Hinrich Baller, der zusammen mit seiner Frau Inken Baller zuständig ist für die Umsetzung der Pläne des Amsterdamers Herman Hertzberger (Hertzberger gewann 1987 den Wettbewerb für das Filmhaus), fürchtet, daß der Vorstoß der Bezirkspolitiker das längst überfällige Projekt noch einmal verzögern könnte. Zwar bestätigt er, daß die Kultursenatorin erst kürzlich bei der Beerdigung des Kinemathek- und DFFB-Direktors Heinz Rathsack betont habe, mit dem Filmhaus laufe man „in die Zielgerade“ ein, aber der Kultursenat hat eben nicht alleine zu entscheiden. Und Baller gibt zu bedenken, daß die sogenannte „kleine Baugenehmigung“, der Vorbescheidsantrag, schon vor über zwei Jahren vom Bezirk genehmigt worden war und die Genehmigung rein juristisch jetzt erloschen ist. Einerseits wolle er Dezentralisierung und daß die Bezirke sich vom Senat emanzipieren, andererseits haben die Bezirkspolitiker für solch ein überregionales Projekt „vielleicht nicht die richtige Mützenweite“. Und schließlich sei Hertzbergers Plan offen für die Umgebung des Esplanade.

Die Argumentation des Baustadtrats Porath, der am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, ist so oder so absurd. Schließlich sind die künftigen Mieter, die „Stiftung Deutsche Kinemathek“, die „Freunde der Deutschen Kinemathek“, das „Internationale Forum des Jungen Films“ und das Kino Arsenal Institutionen, die seit Jahren eng mit Einrichtungen und Filmemachern aus dem Osten zusammenarbeiten. Der Standort so nahe an der Mauer war daher schon immer sinnvoll, mit der Öffnung des Übergangs am Potsdamer Platz sind es zum Ostberliner Staatlichen Filmarchiv am Hausvogteiplatz noch fünf Minuten Fußweg. Das Argument mit der für das Filmhaus ungünstigen Randlage dürfte nun entfallen. Baller: „Hier werden Leute behindert, die seit Jahren die Mauer einreißen.“

Gero Gandert, Filmhistoriker bei der Kinemathek, warnt noch eindringlicher vor jeder weiteren Verzögerung des Baubeginns: „Jede Idee hat ihre Zeit. Wenn jetzt noch einmal eine gravierende Verzögerung eintritt, ist das Projekt fürs erste gestorben.“ Gandert erinnert an den Nachlaß von Arthur Brauner, den erst kürzlich das Frankfurter Filmmuseum den Berlinern weggeschnappt hat. Er erwähnt auch die Verpflichtungen, die die Kinemathek bei jüngeren Erwerbungen eingegangen ist. Zum Beispiel beim Kauf des Nachlasses von Paul Kohler, dem Hollywood-Agenten mit der weltweit größten Sammlung zur Geschichte der Filmemigration. Diesem soll eine der ersten Ausstellungen im Esplanade gewidmet sein. Ihren Verhandlungspartnern gegenüber, so Gandert, werde die Kinemathek „total unglaubwürdig“.

1995 wird der Film 100 Jahre alt. Geplant ist eine über das ganze Jahr verteilte Veranstaltungsreihe, Ausstellungen, die Achse Berlin-Paris soll einbezogen werden. „Für uns ist 1995 der magische Punkt“, meint Gandert. Wenn die Politiker nicht allmählich Dampf machen, wird die Geburtstagsfete wohl kaum in Berlin stattfinden können. Höchste Zeit, daß Frau Martiny zusammen mit Bürgermeister Momper der Lokalposse ein Ende macht.

Chp