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Der Hinterzartener zeigt es dem Oberwiesenthaler

■ Thomas Dieter gewinnt in Bischofshofen durch einen 2. Platz die Vierschanzentournee vor Jez (CSSR) und Weißflog (DDR)

Berlin (taz) - Manchmal ist das Aktuelle Sportstudio doch noch zu etwas gut: Jauch sei Dank wissen wir jetzt, wie der Sieger (strahlender??) der Vierschanzentournee überhaupt nicht genannt werden will: Rotschopf, Neffe von..., Boris Becker der Lüfte; war auch Feuervogel dabei? Jedenfalls hat er gewonnen, der Dieter Thoma, und damit das erste Mal seit 30 Jahren (Max Bolkart) wieder ein bundesdeutscher Skispringer bei dieser populären Veranstaltungsreihe.

Aber wie sich retten im Verlauf eines Artikels ohne die Redundanz von Thoma, Thoma und nochmal Thoma? Dpa bietet neben den oben genannten noch angehender Einzelhandelskaufmann, des weiteren den Computer-Freak, ein Energiebündel sowie den faden Schwarzwälder. Ob vielleicht Sohn von Vater Franz noch anginge, gerade mal so?

Dieter Thoma hat es da leichter. Er muß nur weit hinunterspringen, gewinnen, lachend die Ski abschnallen und in die Kamera halten. Um Originalität braucht er sich nicht zu kümmern, der Mann aus Hinterzarten. Deshalb darf er auch sagen „Es ist ein ganz großer Erfolg, persönlich mein größter Triumph.“ Oder: „Da habe ich meine Chance gewittert und mich noch einmal voll auf das Abschlußspringen in Bischofshofen konzentriert.“ Womit der Hinterzartener die Schwierigkeiten von Jens Weißflog mit der Naturschanze von Bischofshofen anspricht und seinen Ärger um einen verpatzten Flug in Innsbruck.

Und dann wird er richtiggehend Matthäusartig: „Ich habe viel gelernt aus meinem schlechten Abschneiden bei der Weltmeisterschaft“, und: „Über Sieg und Niederlage entscheidet meist die Tagesform, ich denke jetzt nicht so weit voraus.“ Das braucht der Hinterzartener auch nicht in den nächsten Tagen.

Sechseinhalb Punkte lag er da zurück auf Jens Weißflog, den Routinier als Olympiasieger und Weltmeister, „eigentlich unmöglich aufzuholen“ (der Hinterzartener). Dann aber trug es ihn hinunter im ersten Durchgang auf 106,5 Meter, und der Oberwiesenthaler Weißflog (102,5 m) hatte schon fünf Punkte eingebüßt. Risto Laakonen, der Vorjahressieger, war mit 100,5 m zu früh gelandet, und von Ari-Pekka Nikkola hatte sich der Hinterzartener einen Punkt abgesetzt.

Und dann: 111,5 m im zweiten Anlauf, die beste Weite dieses Tages, nachdem der Oberwiesenthaler („Zu kurz, zu kurz“, schrie der DDR-Reporter) kein dreistelliges Ergebnis erreicht hatte. Vorbei zog nur noch Franzisek Jez: 110 und 109 m langten für den Tagessieg. Und die Österreicher trugen Trauer. Vettori Dritter in Innsbruck und Vierter in der Gesamtwertung, das war's. Drunten im Auslauf brabbelte derweil Max Bolkart „Super, super“ und der Vater des Hinterzarteners „Wahnsinn, Wahnsinn“.

Und die Fans sangen: „So ein Tag, so wunderschön wie heute...“ Was auch nicht einfallsreicher ist als Rotschopf, Feuervogel usw. usf.

Thömmes 38. Vier-Schanzen-Tournee:

Bischofshofen, 4. Springen: 1. Frantisek Jez (CSSR) 227 Punkte (110+109 m), 2. Dieter Thoma (Hinterzarten) 222 (106,5+111,5), 3. Ole Gunnar Fidjestoel (Norwegen) 218 (108+107), 4. Ernst Vettori (Österreich) 217 (105+107), 5. Werner Haim (Österreich) 216,5 (108+104), 6. Vergard Opaas (Norwegen) 212 (105+105,5), 7. Rune Olijnyk (Norwegen) 211,5 (101+107), 8. Miran Tepes (Jugoslawien) 205 (103+101,5), 9. Ari-Pekka Nikkola (Finnland) 203 (105+97,5), 10. Alexander Pointner (Österreich) 202,5 (100+102,5) ... 16. Josef Heumann (Oberaudorf) 198,5 (100+101), 17. Andreas Bauer (Oberstdorf) 197 (101+99) ... 29. Robert Leonhardt (Berchtesgaden) 188,5 (99+94,5) ... 36. Thomas Klauser (Reit im Winkl) 183 (96,5+92,5).

Endstand: 1. Thoma 870 Punkte, 2. Jez 861, 3. Jens Weißflog (DRR) 855, 4. Vettori 851,5, 5. Nikkola 848, 6. Risto Laakonen (Finnland) 844, 7. Heumann 835,5, 8. Olijnyk 823,5, 9. Haim 820,5, 10. Heinz Kuttin (Österreich) 811 ... 18. Bauer 780 ... 24. Klauser 761 ... 38. Leonhardt 646.

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