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In Bayern erstmals Abschiebung in den Iran

Rechtskräftig abgelehntem Asylbewerber aus dem Iran wird die Duldung verwehrt / Nach politischem Engagement im Iran untergetaucht / Abschiebung wäre Präzedenzfall in der bundesrepublikanischen Duldungspraxis / Im Iran drohen Inhaftierung, Folter und Hinrichtung  ■  Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) - Flüchtling-Sein im Freistaat Bayern ist kein Zuckerschlecken. Nirgendwo sind Versorgung und Unterbringung schlechter, in keinem anderen Bundesland gibt es eine derart rigorose Abschiebepraxis. Jetzt will Bayern Neuland betreten. Einem rechtskräftig abgelehnten iranischen Asylbewerber droht die Abschiebung in sein Heimatland, nachdem das Landratsamt Nürnberger Land am 28.12.89 seine weitere Duldung in der BRD abgelehnt hatte. Der 26jährige Farshad Hamidian wäre damit der erste Iraner, der in sein Heimatland abgeschoben werden würde. Auf ihn warten dort nach gesicherten Erkenntnissen von amnesty international Inhaftierung, Folterung und eine mögliche Hinrichtung.

Der in Teheran geborene Hamidian hatte als Landvermesser bei iranischen Kraftwerken gearbeitet. Mit Flugblättern und Teilnahme an Demonstrationen bekundete er seinen politischen Widerstand gegen das Regime im Iran. Deswegen wurde er inhaftiert. Nach seiner Entlassung tauchte er in Teheran unter und flüchtete 1986 mit Hilfe seines Bruders über die Türkei nach West-Berlin. Hamidian kam zunächst in die Sammelstelle für Asylbewerber nach Zirndorf und dann in eine Gemeinschaftsunterkunft in Hersbruck, 30 km von Nürnberg entfernt. Dort betätigte er sich weiterhin politisch: Er nahm an einem Essenspaketboykott teil, an einer Demonstration gegen den Krieg im Iran und nicht nicht zuletzt an einem Hungerstreik zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Asylbewerber und zur Zusicherung der Nichtabschiebung. Seitdem ist es Farshad gestattet, außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte zu wohnen.

Im März 1988 hatte der Landvermesser seine erste Anhörung beim Bundesamt in Zirndorf. Zwei Monate später erhielt er den Ablehnungsbescheid als politischer Flüchtling. Auch vor Gericht hatte er keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte im Juli 1989 seinen Asylantrag rechtskräftig ab und forderte ihn zur Ausreise auf. Hamidian blieb und stellte einen Antrag auf Duldung in der BRD. Das zuständige Landratsamt Nürnberger Land beschloß am 28.12.89, über den Antrag gar nicht mehr zu entscheiden. Bereits bei dem Erlaß der Ausreiseaufforderung sei die Möglichkeit geprüft worden, ob Hamidian „aus humanitären oder anderen Gründen der Aufenthalt weiter gestattet werden“ könne. Das Landratsamt als Vollzugsbehörde wies ausdrücklich darauf hin, daß ein Abschiebeschutz für iranische Staatsangehörige nicht besteht. Es regte im gleichen Schreiben eine „Abschiebung auf dem Landweg“ an. Wie ein roter Faden zieht sich durch alle negativen Entscheidungen die Auffassung des Auswärtigen Amtes und des bayerischen Innenministeriums, abgeschobene Asylbewerber hätten bei einer Rückkehr in den Iran nichts zu befürchten. Das hätten amtliche Stellen im Iran versichert. Im Widerspruch dazu steht der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zum Iran vom 18.8.89. Demnach ist nach dem Tode Khomeinis „derzeit keine Veränderung der allgemeinen politischen Lage und der Menschenrechtssituation im Iran festzustellen“. Das Auswärtige Amt will auch nicht ausschließen, daß die Kampagne der iranischen Regierung, gegen Drogenhändler mit massiver Repression bis hin zur Hinrichtung vorzugehen, „auch zum Anlaß genommen wird, sich politischer Gegner zu entledigen“. Nach Berichten von amnesty international sind im Juli letzten Jahres 40 von der Türkei zurückgeschickte Asylbewerber auf der iranischen Seite sofort hingerichtet worden. 1988 seien mehr als 1.200 politische Gefangene im Iran hingerichtet worden, die Anwendung von Folter sei nach wie vor weitverbreitet.

Farshad Hamidian wäre ein Präzedenzfall für die Duldungspraxis rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber aus dem Iran. Vermutlich soll damit sein politisches Engagement als Flüchtling in der BRD sanktioniert werden. Weitere Abschiebungen von Iranern wären die Folge - zumindest in Bayern.

Hans-Günther Schramm, Landtagsabgeordneter der bayerischen Grünen, warnt davor, einen derartigen Präzedenzfall zu schaffen. Er wirft dem Innenministerium und dem Landratsamt vor, den Behörden gehe es „nicht um Menschenleben, sondern um politische Opportunität“. Der SPD-Parlamentarier Helmut Ritzer appelliert an Bayerns Innenminister Stoiber, daß „das Risiko einen jungen Menschen möglicherweise in den Tod zu schicken, doch für jeden von uns untragbar“ sei. Landrat Hartmann, zuständig für den Landkreis Nürnberger Land sah sich bislang nicht im Stande, eine Stellungnahme zum Fall Hamidian abzugeben. Dem Iraner bleibt jetzt nur noch die Möglichkeit, mit Hlfe einer einstweiligen Verfügung aufschiebende Wirkung zu erzielen. Er müßte dann aufgrund von neuen Tatsachen die zuständigen Stellen und Gerichte über die reale Situation im Iran überzeugen, um in der BRD weiterhin geduldet zu werden.

Demonstration gegen die Abschiebung am Donnerstag um 17 Uhr vor dem Landratsamt in Lauf.

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