: China nimmt Reformen zurück
■ Die führende Rolle der Partei soll wieder gestärkt werden / Schärfere Kontrolle über Regierungsbehörden / Li Peng: Wirtschaftsreformen dürfen Sozialismus nicht ändern
Peking (dpa) - Die chinesische KP-Führung hat nach der Auflösung der kommunistischen Systeme in Osteuropa eine schärfere Parteikontrolle über die Regierungsbehörden beschlossen, um sie auf ihrer Linie zu halten. Die Pläne sehen vor, daß in Ministerien wieder Parteigruppen gebildet werden. Dies bedeutet, daß bereits eingeleitete Schritte zu einer Reform des politischen Systems wieder rückgängig gemacht werden sollen. Offenbar will das Pekinger Regime mit einem strengen Griff liberalere Kräfte an der Kandare halten und Abweichungen verhindern.
Ein Sprecher des „Büros für die Reform der politischen Struktur“ bestätigte gegenüber 'dpa‘ die Pläne über die Rückkehr der Parteizellen in die Ministerien. Er sagte, damit werde beabsichtigt, „die Führung der Partei in der neuen Lage zu verstärken“. Mit der „neuen Lage“ bezeichnet die Partei die Situation nach der blutigen Niederschlagung des Volksprotests Anfang Juni 1989. Damals hatten Politiker betont, die Reformpolitik werde fortgesetzt.
Politische Reformen waren vor allem vom gestürzten KP-Chef Zhao Ziyang propagiert worden. Wesentliches Element war die Trennung der Funktionen von Regierung und Partei. Die ersten Schritte zu einer solchen Beschneidung des Parteigriffs, durch die nach dem 13. Parteitag 1987 auch in den meisten Ministerien die Parteizellen aufgelöst worden waren, sollen nun zurückgenommen werden.
Hinsichtlich der Wirtschaftsreformen erklärte Ministerpräsident Li Peng, diese dürften nicht zu einer Änderung des Sozialismus führen. Es sei für China auch unmöglich, eine Modernisierung zu erreichen, wenn es die Tür zum Ausland wieder zuschlage, da sich die Wissenschaft im internationalen Maßstab zu rasch entwickle, sagte Li Peng im Fernsehen. Er räumte jedoch ausdrücklich den „Vier Grundprinzipien“ den Vorrang vor den Reformen ein. Diese Prinzipien besagen, daß China nicht vom Sozialismus und Marxismus sowie von der Führungsrolle der Kommunistischen Partei abweichen dürfe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen