: Wien dementiert ai-Bericht nicht eindeutig
■ Österreichische Regierung spricht von Verbesserungen
Genf (taz) - Ohne den gestern veröffentlichten Bericht von amnesty international (ai) über 128 Fälle von Folter und Mißhandlung in österreichischem Polizeigewahrsam in den letzten fünf Jahren ausdrücklich und detailliert zu dementieren, ist die Regierung in Wien einigen Bewertungen der Menschenrechtsorganisation entgegengetreten. Es läge „in der Natur der Sache“, daß zwischen „berechtigten und unberechtigten Behauptungen“ über Mißhandlungen schwer zu unterscheiden sei. Oft machten Häftlinge derartige Behauptungen auch, um den Beweiswert zunächst abgelegter, dann jedoch widerrufener Geständnisse zu beseitigen. Damit legte Wien die Vermutung nahe, daß einige der - laut ai 201 betroffenen Personen nicht die Wahrheit gesagt haben. Innenminister Löschnak erklärte allerdings, daß für ihn „jeder einzelne zutreffende Fall ein Fall zuviel ist“.
Die Regierung wies daraufhin, daß die Anklagebehörden seit dem 15.September 1989 angwiesen seien, auf entsprechende Vorwürfe - „sofern diese nicht offenbar haltlos sind“ - mit der Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung zu reagieren. Fälle von Gegenklagen der Polizei wegen Verleumdung seien eher die Ausnahme und nicht die Regel, wie von der ai dargestellt, und führten auch nur „sehr selten zu einer Verurteilung“.
Seit Mai 1989 könnten Festgenommene „in den meisten Fällen spätestens 24 Stunden nach Ende ihres Verhörs“ mit einer Person ihres Vertrauens sprechen. Die Regierung bedauerte den Titel „Folter und Mißhandlung“ des ai-Berichtes, erklärte jedoch, bei der derzeitigen Reform der österreichichen Strafprozessordnung auch die ai-Vorschläge für einen verbesserten Rechtsschutz festgenommener Personen berücksichtigen zu wollen.
azu
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen