: DGB: „Billiglohnland DDR“ verhindern
■ Bereit zur Zusammenarbeit mit runderneuertem FDGB
Düsseldorf/Berlin (ap) - Um zu verhindern, daß die DDR „das neue Billiglohnland Europas“ wird, ist der DGB bereit, mit einer neu formierten Spitze des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) „ein breit gefächertes Kooperationsabkommen zu schließen“. Der DGB stehe aber auch als Gesprächspartner für jene zur Verfügung, die außerhalb des FDGB einen gewerkschaftlichen Neuanfang in der DDR wagten, sagte DGB-Vorsitzender Ernst Breit am Dienstag in Düsseldorf. In Karl-Marx-Stadt demonstrierten nach Angaben der Nachrichtenagentur 'adn‘ am Montag abend mehr als 50.000 Menschen für freie Gewerkschaften und Streikrecht. Sie wandten sich gegen den FDGB, der nur als verlängerter Arm der SED gewirkt habe.
Breit begründete die angestrebte Zusammenarbeit auf seinem traditionellen Neujahrsempfang mit dem Hinweis auf Unternehmen aus der Bundesrepublik, die aller Voraussicht nach eine zentrale Rolle bei der ökonomischen Umgestaltung in der DDR spielen würden. Breit zeichnete die Vision eines Zusammenwachsens der Gewerkschaften in Deutschland. Denkbar seien eine „gewerkschaftliche Vertragsgemeinschaft“ oder „föderale Strukturen und Verbindungen“ zwischen den Arbeitnehmerorganisationen. Der Industriegewerkschaft Metall sagte Breit einen Tag vor dem Beginn der Tarifrunde in der Metallindustrie die Unterstützung des DGB zu. „Wir waren noch nie so gut vorbereitet auf die solidarische Unterstützung einer Tarifbewegung wie zu Anfang dieses Jahres“, sagte Breit.
In Karl-Marx-Stadt hatten Vertreter des Neuen Forums, des Demokratischen Aufbruchs, der Grünen Partei und der Sozialdemokratischen Partei am Abend zuvor demokratische Mitbestimmung für die Arbeiter in den Betrieben verlangt. In Bonn kündigte am Dienstag der Leiter einer Ostberliner Koordinierungsgruppe für gewerkschaftliche Selbstbestimmung aus 18 Betrieben und Organisationen, Peter Witte, eine weitere Demonstration für freie Gewerkschaften am 20.Januar an.
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