: Verhandlungskarussell um Kambodscha
■ Stellvertretender sowjetischer Außenminister Rogatschow verhandelt in Peking über den Kambodschakonflikt
Peking (afp/ap/taz) - Der stellvertretende sowjetische Außenminister Igor Rogatschow ist gestern zu mehrtägigen Gesprächen mit Vertretern des chinesischen Außenministeriums insbesondere über eine Kambodscha-Lösung in Peking eingetroffen. Im Anschluß an seinen Chinabesuch wird Rogatschow nach Paris reisen. Dort wird er an einer Konferenz der Vizeaußenminister der fünf ständigen Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats teilnehmen, die sich ebenfalls mit Kambodscha befaßt.
In China hatten sich in letzter Zeit die kritischen Stimmen zu Gorbatschows Außenpolitik gemehrt. Erst am Montag wurde über die Nachrichtenagentur 'Xinhua‘ ein Bericht verbreitet, in dem die UdSSR beschuldigt wurde, sich auf Kosten ihrer „natürlichen Alliierten“ in der Dritten Welt, einschließlich Chinas, mit den USA zu verbünden.
Im Brennpunkt der Gespräche könnte der australische Vorschlag stehen, die von Vietnam gestützte Hun-Sen -Regierung Kambodschas bis zu freien Wahlen durch eine interimistische UNO-Verwaltung zu ersetzen. Die Sowjetunion hat sich dazu positiv geäußert. China hat sich zwar ebenfalls für eine Rolle der UNO ausgesprochen, seine Unterstützung für den Friedensplan des in Peking lebenden Prinzen Sihanouk aber noch nicht zurückgezogen. Der Leiter der drei kambodschanischen Widerstandsfraktionen hatte sich mit einer UNO-Interimsregierung nur dann einverstanden erklärt, wenn die derzeitige Regierung Hun Sen aufgelöst werde und seine Regierung den Sitz Kambodschas in der UNO behalte. Den Sihanouk-Vorschlag, bis zu den Wahlen eine Allparteienregierung auch unter Einschluß der gefürchteten Roten Khmer zu bilden, wollte die Phnom Penher Regierung unter Hun Sen bislang jedoch nicht annehmen.
Der provietnamesische Premier Hun Sen dagegen hat den australischen Plan nur unter dem Vorbehalt gebilligt, daß die Sihanouk-Koalition ihren UNO-Sitz räumt, den sie seit dem Einmarsch der Vietnamesen vor zehn Jahren innehat.
Die Tatsache, daß sich Hun Sen zu weiteren Verhandlungen mit dem autralischen stellvertretenden Außenminister Castello in der ostkambodschanischen Provinz Svay Rieng nahe der vietnamesischen Grenze getroffen hat, gab Anlaß zu widersprüchlichen Meldungen und Spekulationen. Der Rundfunk der Roten Khmer berichtete am Dienstag, die Roten Khmer hätten durch die Beschießung Phnom Penhs Staatspräsident Heng Samrin und Hun Sen zur Flucht nach Vietnam gezwungen. Von Ho-Chi-Minh-Stadt, dem ehemaligen Saigon, sei Hun Sen dann am Sonntag nach Svay Rieng gereist. Die der Regierung Hun Sen unterstehende Nachrichtenagentur 'spk‘ meldete dagegen, Hun Sen befinde sich auf einer Inspektionsreise in Svay Rieng und habe Costello gebeten, ihn dort zu treffen. Costello bestätigte dies am Dienstag in Bangkok.
sl
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