: Sinn-Fein-Chef angeklagt
Vizepräsident der irischen Partei Sinn Fein vor Gericht / Entführter noch verschwunden ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Danny Morrison, der Direktor für Öffentlichkeitsarbeit und Vizepräsident von Sinn Fein, ist gestern vor einem Gericht in der nordirischen Hauptstadt Belfast der Verschwörung, Entführung und der Mitgliedschaft in der Irisch -Republikanischen Armee (IRA) angeklagt worden. Morrison, zwei Frauen und sechs Männer sind am Sonntag abend in West -Belfast verhaftet worden, nachdem ein großes Aufgebot an Armee und Polizei ein Haus in dem katholischen Viertel durchsucht hatte. Die „Sicherheitskräfte“ behaupten, ein 30jähriger Mann, der am Wochenende angeblich entführt worden war, sei in dem Haus festgehalten worden. Im Gegensatz zu den acht Mitangeklagten ist Morrison jedoch nicht im Haus, sondern in einer Seitenstraße in der Nähe verhaftet worden.
Sinn Fein, der politische Flügel der IRA, bestreitet, daß der Mann gegen seinen Willen festgehalten worden ist. Er sei von der Polizei erpreßt worden, als Spitzel zu arbeiten und habe am Wochenende Kontakt zu Sinn Fein aufgenommen. Er habe sich bereiterklärt, seinen Fall öffentlich zu machen. Danny Morrison wollte gerade eine Pressekonferenz für Montag vorbereiten, als er verhaftet wurde. Ein Sinn-Fein-Sprecher erklärte, die Polizei wollte so die für sie peinliche Pressekonferenz verhindern. Die nordirischen Behörden haben bisher Auskünfte darüber verweigert, ob der „Entführte“ inzwischen frei ist.
Nach den Verhaftungen am Sonntag durchsuchten und verwüsteten die „Sicherheitskräfte“ in der Nacht zwei Sinn -Fein-Büros in West-Belfast. In einer parallelen Operation nahmen Armee und Polizei Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern der paramilitärischen Protestanten-Organisation „Ulster Defence Association (UDA)“ im Ostteil der Stadt vor. Da die UDA jedoch zuvor aus Polizeikreisen über die geplante Aktion unterrichtet worden war, fanden die Beamten meist nur leere Häuser vor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen