: „Der Präsident bleibt der Präsident“
■ Wissenschaftssenatorin legte Beratungsentwurf für die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes vor / Änderungen bei Präsidentenwahl und in den Gremien / Abweichende Vorstellungen von der AL / Endgültiger Entwurf muß von den Koalitionsfraktionen erarbeitet werden
Zumindest einen Vorentwurf für die geplante Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes hat am Mittwoch Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller an die Öffentlichkeit gegeben. Bei dem Entwurf handelt es sich um ein Papier, betonte man im Hause Riedmüller, das der eigenen Fraktion als Arbeitsgrundlage dienen soll.
Der Senat war vor fast einem Jahr auch mit dem Versprechen angetreten, das Berliner Hochschulgesetz erneut zu novellieren mit dem Ziel, die Autonomie der Hochschulen zu stärken. Bereits für den Frühsommer letzten Jahres war die Verabschiedung der Novelle vorgesehen, Riedmüller legte dann im Juni aber lediglich eine sogenannte Synopse vor. Spätestens bis zum 20. Oktober wollte man dann einen Entwurf erarbeitet haben, der jedoch ausblieb. Die AL preschte im November vor und präsentierte einen eigenständigen Entwurf, nicht zuletzt, um dem Koalitionspartner Druck zu machen. Das Vorgehen der AL stieß damals auf scharfe Kritik der großen Schwester, die den Alleingang inhaltlich und formal verurteilte. Der versprochene Entwurf steht bis heute aus, die AL hofft jetzt, so deren Wissenschaftsexpertin Hilde Schramm, daß die SPD wenigstens bis Ende Februar zum Abschluß ihrer Bearbeitung kommt. Über einen genauen Zeitpunkt wollte man sich seitens der SPD-Fraktion gestern gegenüber der taz nicht äußern, der Entwurf sei in Arbeit, hieß es lapidar.
Zentrale Punkte in der Beratungsgrundlage betreffen die Mehrheiten in den Gremien, das Wahlverfahren für das Amt des Präsidenten und Vizepräsidenten und eine Umorganisierung der FU-Verwaltung. Bisher war die Verwaltung der FU getrennt in eine allgemeine Verwaltung und in die Medizinverwaltung. Diese Trennung soll künftig nicht mehr bestehen, statt dessen soll für die Universitätskliniken eine Finanz- und Wirtschaftskommission errichtet werden.
Bei den Wahlen zum Präsidenten soll die obligatorische Dreierliste, die unter dem CDU/FDP-Senat eingeführt worden war, entfallen. Bisher mußte der AS dem Konzil immer eine geschlossene Liste mit drei Kandidaten präsentieren. Dieses Verfahren wurde erst am Mittwoch bei der Wahl zum Rektor der Fachhochschule für Wirtschaft wieder mißbraucht: Die Nominierung einer Gegenkandidatin zum Amtsinhaber wurde verhindert, auf Platz zwei und drei wurden reine Zählkandidaten gesetzt. Daß einer der beiden, Professor Tolksdorf, dennoch überraschend zum Rektor gewählt wurde, hat er dem Stimmverhalten der AL-Hochschulgruppe zu verdanken. Sie wählte den Zählkandidaten mit der Begründung, er werde das Amt hoffentlich bald zurückgeben. Dieser Mißbrauch soll in Zukunft dadurch verhindert werden, daß im AS beliebig viele Kandidaten nominiert werden können, die nur noch ein Drittel der Stimmzahl benötigen. „Der Präsident bleibt der Präsident“, so Schramm über das neue Wahlverfahren; die AL hatte die Einrichtung eines Präsidialkollegiums vorgeschlagen.
In den Akademischen Senaten soll die durch das Hochschulrahmengesetz vorgeschriebene Professorenmehrheit „auf das rechnerische Minimum“ begrenzt werden. Der AS soll in Zukunft auch über eine Änderung in der Gliederungsstruktur der Hochschule entscheiden können, dies war bisher den Kuratorien vorbehalten. Während die AL in ihrem Entwurf ein gemischtes Modell von Beratung und Abstimmung vorsieht, um sich den im Studentenstreik geforderten Viertelparitäten zu nähern, geht der Vorentwurf wesentlich weniger weit. Lediglich in den Fachbereichsräten sollen künftig sogenannte Vorschaltkommissionen gebildet werden, die viertelparitätisch besetzt sein können. Besonders gefördert werden sollen Frauen an den Unis durch „bevorzugte Berücksichtigung bei Einstellung und Beförderung“. Konkrete Vorschläge fehlen ebenso wie das Vetorecht der Frauenbeauftragten, die für vier Jahre gewählt werden sollen. Wann der Entwurf in die parlamentarischen Beratungen gehen kann, ist noch völlig offen. Hilde Schramm: „Hoffentlich in diesem Jahr.“
kd
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