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Steeb, der tierische Top-Tenner

■ Carl-Uwe Steeb spielte in Sydney trotz seiner Final-Niederlage gegen den Franzosen Yannick Noah nach eigener Aussage ein „tierisches Turnier“ / Bei den Frauen siegte Natalia Zwerewa aus der Sowjetunion

Berlin (taz) - Voll des Lobes waren Becker, Graf, Wilander, Hinz und Kunz über die Vorstellung des Stuttgarters Carl-Uwe Steeb beim Tennisturnier von Sydney/Australien. Zwar verlor Steeb das Finale gegen den wiedererweckten Franzosen Yannick Noah (29) mit 7:5, 3:6, 4:6, doch zuvor hatte er mit eindrucksvollen Siegen gegen Boris Becker im Viertelfinale und Mats Wilander im Halbfinale überzeugt.

Vor allem Wilander, der noch beim Davis-Cup-Finale im Dezember gegen Steeb gewonnen hatte, war bei seiner 2:6, 3:6 -Niederlage vollkommen chancenlos. Das sichere Grundlinienspiel und die exakt gespielten Passierbälle Steebs ließen den Schweden nie ins Spiel kommen, die Folge waren große Verunsicherung, eine Vielzahl von leichten Fehlern und ein eklatanter Mangel an Präzision bei den Schlägen des abgerutschten ehemaligen Weltranglistenersten, der allerdings schon längst nicht mehr die traumwandlerische Sicherheit früherer Jahre besitzt.

Der 22jährige Steeb, bisher auf Rang 16 der Weltrangliste, ist nun drauf und dran, den begehrten Sprung unter die zehn besten Tennisspieler zu schaffen. Während er selbst als vorsichtiger Schwabe noch ein wenig abwiegelt und meinte, er spiele im Moment „vielleicht wie ein Top-Ten-Spieler“, sind seine Kollegen und Kolleginnen forscher. Mats Wilander: „Es ist inzwischen sehr schwer geworden, Charly zu schlagen. Er spielt wie ein Top-Tenner“. Boris Becker: „Er hat wirklich wie ein Top-Ten-Mann gespielt. Ich weiß nicht, was noch in ihm steckt.“ Und Steffi Graf, die genau weiß, woher Erfolg im Tennis kommt, sagte, warum der Stuttgarter die Bälle plötzlich so genau trifft: „Seine Vorbereitung und intensive Arbeit haben sich ausgezahlt.“

Intensive Arbeit, das hieß für Steeb in diesem Jahr bisher hartes Training mit seinem Coach Chris Lewis und eine Reihe von Trainingsspielen mit der Nummer eins, dem Tschechoslowaken Ivan Lendl. Der jeweilige Verlierer mußte zur Strafe Liegestütze machen, und es ist unmittelbar einsichtig, daß sich eine solche Art von Motivation direkt auf die Qualität der Grundlinienschläge auswirken muß.

Probleme hat Steeb noch mit Serve- and Volley-Spielern, was sich auch im Finale gegen Noah zeigte. Er fand nie seinen Rhythmus und geriet schnell mit 2:5 in Rückstand. Zwar gelang es ihm, mit exakten Passierbällen aus der Lendl -Schule und extensiver Rennerei den ersten Satz noch mit 7:5 zu gewinnen, doch dann mußte er diesem Kraftakt Tribut zollen. Noahs Volleys wurden sicherer, ständig stand der hünenhafte Franzose am Netz, und wenn er dort erst mal angekommen ist, „dann siehst du kein Loch“ (Steeb). Steeb wehrte sich dennoch tapfer. „Am Schluß hätte jeder von uns gewinnen können“, gab Noah zu, der sich die Siegprämie von 43.200 Dollar mit seinem zehnten As beim ersten Matchball sicherte. Steeb, dem stolze 21.600 Dollar blieben, war trotz der Niederlage zufrieden: „Das war ein tierisches Turnier für mich.“

Das Frauenturnier von Sydney, das sogar noch um 50.000 Dollar höher dotiert war als das der Männer, gewann Natalia Zwerewa (UdSSR), der damit nach Brisbane schon der zweite Sieg in diesem Jahr gelang. Sie setzte sich nach schwachem Beginn noch sicher mit 4:6, 6:1, 6:3 gegen die Österreicherin Barbara Paulus durch.

Weniger erfolgreich war Natalia Zwerewas Landsmann Andrej Tschesnokow in Auckland. Er verlor das Finale gegen Scott Davis (USA) mit 6:4, 3:6, 3:6.

Matti

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