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Integration als Führungsaufgabe

Ohne Grundsolidarität können die Grünen nicht überleben  ■ K O M M E N T A R

Ein knappes Jahr nach dem Neuanfang von Duisburg ist der Vorstand der Grünen erneut im Zustand der Zerrüttung. Angedeutet hatte sich dies bereits auf dem turbulenten Perspektivenkongreß der Partei im vergangenen November in Saarbrücken, wo keiner der drei Vorstandssprecher den Versuch unternahm, die Partei zusammenzuhalten, sondern sich jeweils als Strömungsvertreter verstand, der für den Sieg des Sozialismus oder das Lob des Kapitalismus focht. Doch auch dieses Debakel mit einem niederschmetternden Presseecho brachte im Vorstand kein Umdenken, sondern nur probate Schuldzuweisungen.

Ausgerechnet zum zehnjährigen Jubiläum schlug man wieder auf sich ein wie die Bierkutscher. Dabei sind die Grünen nicht in der Verfassung, um - wie die Vorstandssprecherin Verena Krieger - mit einer verheerenden Darstellung der Partei dem Wähler signalisieren zu können, daß man die Grünen bitte, bitte nicht wählen solle. Weder besteht angesichts der Entwicklung in Osteuropa und zwischen den beiden deutschen Staaten in der Bevölkerung für Strömungs -Kindereien ein Interesse, noch nutzen sie damit ihre Chance, sich beim Wähler mit einem deutschlandpolitischen Kontrastprogramm als klare Opposition zu den nationalen Wiedervereinnahmern aller Parteien darzustellen. Erreicht haben sie zu ihrem Geburtstag das Gegenteil. Die grünen Wahlkämpfer im Saarland und in Nordrhein-Westfalen werden ihrem Vorstand für die Wahlkampfhilfe danken. Im Saarland wäre ein Einzug in den Landtag eine Überraschung, doch wenn man in Nordrhein-Westfalen erneut scheitert, dann steht auch die Gesamtpartei mit dem Rücken zur Wand.

Tatsächlich aber ist es nicht eine unverträgliche Bandbreite der Meinungen, die die Grünen zerreißt. Die Mehrheitsverhältnisse sind nahezu ausgeglichen, und die Ränder haben sich abgeschlagen; Schily ist ebenso von Bord gegangen wie die radikale Linke. Zurück bleiben Meinungsunterschiede, wie sie auch in der SPD zu finden sind. Damit muß und kann eine Partei leben. Allerdings nur, wenn in den Grünen und vor allem im höchsten Führungsgremium die Erkenntnis wächst, daß man trotz inhaltlicher Unterschiede auch gewählt wurde, um die Gesamtpartei zu repräsentieren. Auf diese Grundsolidarität haben die vielen tausend Grüne, die auf kommunaler Ebene gute Arbeit leisten, einen Anspruch. Diesen Integrationswillen und Identifikation mit dem Ganzen aber gibt es im Vorstand nur als Spurenelement. Statt dessen tobt sich dort ein ideologischer Alleinvertretungsanspruch aus. Damit aber wird die Partei nicht überleben können; wer dies nicht akzeptiert, hat in der Parteispitze keinen Platz.

Gerd Nowakowski

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