Kein Schampus, aber Sekt

Pferdefüße bei Auflösung der P-Abteilung der Staatsanwaltschaft  ■ G A S T K O M M E N T A R

Die Katze ist aus dem Sack. Die Wagenburg der P-Abteilung der Staatsanwaltschaft wird geöffnet. Allein der „politische Bezug“ einer Straftat wird keine spezielle Zuständigkeit mehr begründen. Die politische Gesinnung als Kriterium hatte die Tendenz zu Gesinnungsstrafrecht gefördert, teilweise zu Bunkermentalität und Verfolgungsübereifer geführt.

Nach dem neuen Organisationsmodell wird es keine spezielle Presseabteilung mehr geben, werden die bisherigen Delikte mit „politischem Bezug“ von dem für den Anfangsbuchstaben des Beschuldigten zuständigen Staatsanwalt bearbeitet.

Wenn trotzdem kein Grund besteht, Champagnerkorken knallen zu lassen, dann wegen der neuen Spezialdezernate zur Bekämpfung der Gewaltkriminalität. Hier sollen Gewalttaten bearbeitet werden, die aus Menschenmengen heraus oder von Gruppen und Banden begangen wurden. Im Klartext: Von der 1.Mai-Randale bis zur Reagan-Demo bleibt alles beim alten. Auch die Gegenanzeigen wegen der Übergriffe der Polizeibeamten werden von dieser Spezialtruppe bearbeitet. Und der Gewaltbegriff der Rechtsprechung ist schillernd. Was ist mit Hausbesetzern, boykottierenden Studenten, die ihr Institut besetzen, oder demonstrativen Straßenblockaden und allen möglichen anderen kollektiven Aktionen zivilen Ungehorsams?

Die Umsetzung des Konzepts liegt in der Hand des Generalstaatsanwalts. Er kann die alten Kämpen in die neuen Spezialgruppen setzen und damit die Auflösung der P -Abteilung zum Teil unterlaufen. Nur wenn die Spezialgruppen auf solche Gewalttaten reduziert bleiben, die diesen Namen auch im Volksmund vedienen, und eine Rotation der Staatsanwälte durchgestetzt wird, besteht Grund, wenigstens einen Piccolo Sekt zu köpfen.

Hans-Joachim Ehrig

Rechtsanwalt Ehrig ist Vorsitzender der Vereinigung Berliner Strafverteidiger