: Schamir: Wir brauchen das ganze Groß-Israel
■ Aggressive Töne vor erwarteter Einwanderung sowjetischer Juden
Tel Aviv (dpa) - Die erwartete Masseneinwanderung sowjetischer Juden nach Israel macht es nach Ansicht von Ministerpräsident Jizchak Schamir notwendig, daß der jüdische Staat die besetzten arabischen Gebiete behält. Vor Veteranen des nationalkonservativen Likud-Blocks sagte Schamir am Sonntag abend in Tel Aviv: „Wir brauchen den Platz, um all diese Leute unterzubringen.“
Israel erwartet nach jüngsten Schätzungen allein in diesem Jahr mindestens 50.000 Neueinwanderer aus der Sowjetunion. Schamir hat in der Vergangenheit stets betont, Israel werde in Friedensverhandlungen mit den Arabern „keinen Zentimeter“ des biblischen Groß-Israels herausgeben.
Der Ministerpräsident verglich die Einwanderungswelle mit „all den Wundern, die das jüdische Volk immer wieder gerettet haben“. Die „große Einwanderung verlangt von Israel, groß zu sein“. Der 74jährige, der die internationale Presse wegen ihrer Kritik an seiner Politik scharf angriff, betonte, daß der Strom der Immigranten die gesamte Bevölkerungsentwicklung in Israel und den besetzten Gebieten zugunsten der Juden verschieben werde. „Gerade in einem Augenblick, in dem viele sagten, die Zeit arbeite gegen uns, hat uns die Zeit diese Alija (Einwandererwelle) gebracht und alle Probleme gelöst. In fünf Jahren werden wir dieses Land nicht mehr wiedererkennen können.“ Die Intifada könne den „natürlichen Strom des jüdischen Volkes in seine Heimat nicht stoppen“.
Die Erklärung, daß Israel wegen der erwarteten Masseneinwanderung von Juden aus der Sowjetunion nicht auf die besetzten arabischen Gebiete verzichten könne, ist bei Schamirs Koalitionspartnerin, der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, auf energischen Widerspruch gestoßen. Auch Verteidigungsminister Jizchak Rabin, der sich gegenwärtig in den USA aufhält, betonte: „Die Einwanderung wird die politische Landkarte Israels nicht verändern.“
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