SPD mit Marschmucke und Tango

■ Zum 90. Fraktionsgeburtstag denkt Claus Dittbrenner an Freddy Frinton

Gediegen ging es zu, wie man sich einen Geburtstag im hohen Alter immer so vorstellt. Ein bißchen Geschichte, ein bißchen viel de mortuis nihil nisi bene. Die Ahnenreihe der Fraktionsvorsitzenden reichte von Friedrich Ebert bis Wedemeier und Kunick. Die mußten schließlich alle gebührend abgefeiert werden. Gastredner Friedhelm Farthmann, eigens aus Düsseldorf angereist zum jubilate (die Geburtstagsfete von Landespapa Rau hatte er sausen lassen), ging da beherzter zur Sache: realpolitischer.

Einen dritten Weg zwischen

Kommunismus und Kapitalismus, das hätte die Geschichte der osteuropäischen Staaten bewiesen, gebe es nicht. Die SPD sollte sich endlich ihre revolutionären Utopien abschminken und ja sagen zum Kapitalismus, dem Farthmann „ein menschliches Antlitz zu verschaffen als lohnendes Ziel ausreicht“. Nie zuvor hätten die Arbeiter an den Erträgen der Wirtschaft mehr partizipiert als in der jetzigen Gesellschaft, nie zuvor wären sie besser abgesichert gewesen bei Krankheit und im Alter, nie sei die persönliche Freiheit des einzelnen

größer gewesen.

Farthmann sorgte auf einem deutschlandpoltischen Streifzug für Geburtstagsstimmung: Die KSZE-Beschlüsse gingen auf das Pluskonto der Sozis, trotz des Widerstandes der italienischen Neofaschisten, der albanischen Kommunisten und der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages.

Das mochten die Bremer Sozialdemokraten dann doch nicht so gerne hören, und zur Strafe schenkten sie Farthmann ein Steuerrad aus Holz. Markus Daschne