: Wiedersehen in Lusaka
■ Walter Sisulu und andere ANC-Führer auf Reisen / Diskussion über Strategien nach Mandela-Freilassung
Berlin (wps/taz) - Dieses Jahr wird für die Zukunft Südafrika entscheidend, daran zweifelt niemand. Mittlerweile gilt als wahrscheinlich, daß Staatspräsident de Klerk bei seiner Eröffnungsrede vor dem Parlament am 2. Februar die Freilassung des wichtigsten politischen Gefangenen verkünden wird. Während die Mandela-Familie sich darauf vorbereitet und ihr Haus in Soweto renoviert, ist Walter Sisulu mit den anderen im Oktober freigelassenen Führern des „African National Congress“ (ANC) seit vorgestern im Exilhauptquartier seiner Organisation im sambischen Lusaka zu Besuch. „Wir haben immer gewußt, daß das Apartheidsystem irgendwann verschwindet, aber der Weg ist kürzer als angenommen“, sagte der 47jährige Thabo Mbeki, der seinen Vater Govan nach 23 Jahren wiedertraf. Noch ein anderer sah sein Kind zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder. „Es gab Zeiten, da dachte ich, daß ich meinen Vater nie wiedersehen würde“, meinte der 44jährige Max Sisulu, der 17 war, als sein Vater untertauchte und später zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.
Doch viel Zeit wird den Familien für Privates nicht bleiben. Der für die nächsten vier Tage anberaumte Dialog zwischen junger und alter wie auch externer und interner ANC -Vertretung kreist um immer dringender werdende Fragen, zu denen die zukünftige Rolle Mandelas in der Organisation und die Fortführung des bewaffneten Kampfes gehören, der von Pragmatikern wie Thabo Mbeki und Walter Sisulu mittlerweile nicht mehr für sinnvoll gehalten wird. Sollte nach Mandelas Freilassung eine Aufhebung des ANC-Verbots und des Ausnahmerechts erfolgen, muß sich die Opposition auf Konditionen für einen „runden Tisch“ mit der weißen Minderheitsregierung einigen. Deren „Reform„-Vorschläge gelten unter der Opposition als Makulatur, weil sie nichts am System der Rassentrennung ändern.
AS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen