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Piratenflaggen im Davis-Cup-Rausch

■ Bekenntnis aus der Hafenstraße: Wenn Boris uns nach Bremen ruft, kommen wir! / Polizei liegen „keine Erkenntnisse“ vor

Völlig unvorbereitet traf die Verantwortlichen für den Davis - Cup in Bremen die Nachricht vom letzten Interview Boris Beckers. Der philosophierende Tennis-Star hatte darin von seiner Wahlverwandtschaft zur Hafenstraße erzählt und laut darüber nachgedacht, „ob ich denen nicht auch einmal, wenn sie Lust haben, ein paar Tickets gebe, so für das nächste Davis-Cup-Match. Ein paar lautstarke Fans mehr würde nicht schaden“.

Bundesrepublik Deutschland gegen die Niederlande heißt die nächste Begegnung im Davis-Cup 1990, aufgeführt vom 2.-4. Februar in der Bremer Stadthalle. Die muß sich nun auf ein bisher ungekanntes Tennis-Publikum einstellen, denn daß die Bürgerschrecks von St.Pauli durchaus Bock haben auf die erste Reihe am Center-Court, bestätigte gestern ein Anruf in Hamburg. Klaus von der Hafenstraße: “ Klar würden wir das Angebot annehmen. Wir sind hier alle ziemlich sportbegeistert in der Hafenstraße und mal so richtig schön mit den Fahnen zum Tennis wie sonst ans Millerntor, das wär doch was.“

Noch aber scheint die Kartenfrage nicht geklärt. Völlig überrumpelt von den überraschenden

Annäherungen war das Hauptquartier des Deutschen Tennis -Bundes (DTB), ebenfalls Hamburg. Nein, Eintrittstickets hätten sie noch nicht losgeschickt. „Rein aus den Medien heraus können wir das nicht veranlassen“, sagte eine Mitarbeiterin, da bräuchten

sie eine Bestellung vom Boris. Und der weilt derzeit in Melbourne/Australien. Was dem DTB gar nicht so unrecht ist, wie aus den Worten des Pressesprechers Hecht herauszuhören war: „Wenn er zurück ist, werden wir in Ruhe besprechen, wie er das

gemeint hat“. Zunächst aber - „kein Handlungsbedarf“.

Auch bei der Bremer Polizei nichts als erstauntes Lamentieren. So selten auch ein konzertierter Besuch der Hafenstraßen-BewohnerInnen an der Weser ist, über „neuralgische Punkte“ und

„Sicherheitsinteressen“ gab es gestern keine Auskunft. „Es liegen noch keine besonderen Erkenntnisse vor, und wenn“, so die Polizeipressestelle, „sie für den innerbetrieblichen Dienst aufschlußreich wären, kämen sie nicht an die Medien“.

Was aber macht die Stadthalle, die doch für das Wohl der 800 Sponsoren-Gäste im VIP- und Logenbereich Sorge trägt. Die champagnernippende Hautevolee Aug‘ in Aug‘ mit den bierdosenbewaffneten Kämpen, der Bürgermeister im Nadelstreif inmitten der Totenkopf- und Piratenflaggen? Und im Ohr den O-Ton Boris: „Ich glaube, daß ich mit den Hafenstraßen-Leuten etwas gemeinsam habe - mehr als mit vielen in meiner Welt.“ Die Stadthalle spielt auf Zeit. Pressesprecher Jan Wartemann: „Da müssen die sich aber beeilen, wenn sie noch an Karten rankommen wollen“.

Alles hängt nun von Boris ab. „Wenn der uns die Karten schickt“, sagte gestern Klaus aus der Hafenstraße, „ich mein, die Adresse ist ja einfach - Hamburg, Hafenstraße dann kommen wir bestimmt.“ Bremen grüßt seine Davis-Cup -Gäste.

Andreas Hoetzel

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