: Das Ende Charles Hernus
Requiescat in Greenpeace ■ P O R T R Ä T
Paris (taz) - Der 66jährige ehemalige sozialistische Verteidigungsminister, der 1985 wegen der Versenkung der „Rainbow Warrior“ zurückgetreten wurde, starb Mittwochabend an einem Herzinfarkt. Frankreichs Armee trauert um einen Sozialisten. Recht hat sie: „Vier Jahre und vier Monate war ich die Symbiose zwischen der Nation und ihrer Armee“, hatte Hernu in dem ihm eigenen Selbstbewußtsein gesagt. Ein „Citoyen soldat“, der - kaum 1981 im Amt - von den Lehrern die Produktion staatsbürgerlicher Uniformität verlangte: Durch Erziehung sollten sie die „Eintracht zwischen nationaler Verteidigung und nationaler Erziehung“ verwirklichen - ein Musterbeispiel linken Jakobinismus‘.
Als Sohn eines Gendarmen wurde Hernu 1923 geboren. Die Resistance verließ er im Rang eines Sergeanten. 1951 rief Hernu, damals Journalist, den „Jakobinerklub“ neu ins Leben und wurde 1955 Abgeordneter. Als dritten Weg zwischen KP und der sozialdemokratischen Algerienkriegs-Partei SFIO gründete Hernu gemeinsam mit Pierre Mendes-France 1960 die „Vereinigte Sozialistische Partei“ PSU, linkslibertärer Durchlauferhitzer für viele spätere Größen wie Michel Rocard oder Jack Lang.
Die französischen Medien feiern Hernu vor allem als denjenigen, der die Sozialisten die Bombe schlucken ließ: Er war es, der Mitterrand in den siebziger Jahren von den Tugenden der Nuklearverteidigung überzeugte. Dank seiner exzellenten Beziehungen zum Generalstab ernannte Mitterrand den getreuen Hernu 1981 zum Verteidigungsminister. Mit Hernu im Amt jedoch wurde die versprochene Wehrdienstverkürzung kurzerhand verworfen. Eine „militärische Aktion“ (Hernu) kostete ihn 1985 sein Amt: Zwei Soldaten ließen sich bei der Sprengung des Greenpeace-Schiffes „Rainbow Warrior“ in Neuseeland erwischen. Hernu trat zurück - nicht, weil er am Prinzip der Aktion etwas auszusetzen gehabt hätte, sondern weil ohne den Rücktritt etwas an Mitterrand hängengeblieben wäre.
Während einer Ansprache vor ArmenierInnen in Villeurbanne, wo er Bürgermeister war, brach Charles Hernu zusammen. Von Kränzen bitten wir abzusehen, Spenden auf das Konto von Greenpeace.
smo
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