piwik no script img

Ost-CDU noch in der Koalition

■ Parteichef de Maiziere dementiert Beschluß über Austritt aus der Regierung / SPD: Drinbleiben!

Ost-Berlin (ap) - Die CDU der DDR hat sich von Äußerungen ihres Generalsekretärs Martin Kirchner distanziert, der am Mitwoch ein Ausscheren seiner Partei aus der Regierung angekündigt hatte. Bei den Beratungen am runden Tisch in Ostberlin kritisierte ein CDU-Sprecher das „ungedeckte, verfrühte Vorpreschen“ Kirchners. Im Präsidium der Partei werde erst am (heutigen) Freitag darüber entschieden.

Der CDU-Sprecher verlas eine Erklärung des Vorsitzenden Lothar de Maiziere. Die Äußerung Kirchners sei nicht abgesprochen gewesen und sei dessen Meinung. Zwar wünschten viele Mitglieder einen schnellen Austritt aus der Regierung. Wichtig sei aber auch, daß das Land weiter regierbar bleibe, die Wahlen am 6. Mai vorbereitet und die Versorgung sichergestellt werden könnten. Es sei nicht sinnvoll, die Fortsetzung oder Aufkündigung der Regierungsarbeit nur unter einem Aspekt zu beurteilen.

Die Ost-SPD bekräftigte derweil zwar ihre Weigerung, selbst der Regierung beizutreten, forderte die Koalitionsparteien aber im Interesse der Stabilität zur Solidarität mit Regierungschef Modrow auf. Der SPD-Vorsitzende Ibrahim Böhme sagte, die Übergangsregierung sei eine der Garantien dafür, daß am 6. Mai demokratische Wahlen stattfinden könnten. Bis dahin wolle sich seine Partei loyal verhalten, sofern die Regierung den runden Tisch ernst nehme und zur Zusammenarbeit bereit sei. Das persönliche Erscheinen Modrows vor dem Gremium am vergangenen Montag nannte er einen wichtigen Ansatz zur Kooperation.

Rühe fordert „Schlußstrich“

Isernhagen (ap) - CDU-Generalsekretär Volker Rühe hat die Ost-CDU aufgefordert, „einen Schlußstrich unter die Vergangenheit zu ziehen“. Die Partei müsse deutlich machen, daß die Alternative „SED oder Demokratie“ heiße, erklärte Rühe gestern im Rundfunk. Tue sie das nicht, habe die Ost -CDU keine gute Zukunft. Er habe den Generalsekretär der Ost -CDU, Martin Kirchner, aber nicht dazu aufgefordert, die Regierung unter Hans Modrow zu verlassen, auch wenn er mit Parteivertretern gesprochen habe. Die West-CDU führe aber nicht nur mit der Ost-CDU Gespräche, sondern auch mit den oppositionellen Gruppen. „Es gibt eine Partei unseres Namens drüben, die aber nicht unsere Schwesterpartei ist.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen