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Kariertes Hemd und Lightshow

■ Ein zurückhaltender Chris Rea mußte sich am Samstag gegen die großkotzige Bühnentechnik durchsetzen

Chris Rea erinnert an einen tapsigen Bären: wenn er etwas schüchtern auf der Bühne steht, zwischen den Songs kaum etwas sagt und knapp zwei Stunden lang - ganz ohne das übliche Anbiedern beim Publikum - nur seine Musik sprechen läßt. Die Stimme,

die so rauh und sanft ist wie ein guter Whisky; die Gitarre, die er so einfach und gefühlvoll spielen kann, daß man die beachtliche Virtuosität kaum bemerkt; und die Songs, die sich in die Ohren einschmeicheln, ohne daß es dem Gehirn peinlich sein muß - Rea

präsentierte all das so „laid back“, daß er manchmal fast nach hinten wegzukippen schien.

Enthusiasmus

im Publikum

Jeder Ton der sechsköpfigen Begleitband saß genau, und selbst in der für ihre miese Akustik berüchtigten Stadthalle konnte man auf allen Plätzen gut hören und sogar die Texte verstehen.

Auch Rea schien seinen Spaß zu haben, manchmal lächelte er ganz erstaunt in das enthusiastische Publikum und zeigte anerken

nend den ausgestreckten Daumen.

Früher hätte all das für ein gutes Konzert gereicht, aber in den letzten Jahren gibt es bei den großen Tourneen eine merkwürdige Eigendynamik (Rea gibt nacheinander 52 Konzerte in acht Ländern, davon alleine 23 in Deutschland). Schwebende

Lichtkreuze

Die Bühnentechnik muß immer aufwendiger und ausgefeilter werden: „Eine gigantische Light

Show mit fahrbarem, schwebendem Lichtkreuz, mit 86 Varilities, 278 Spots und einer 40000 Watt-Soundanlage digital gesteuert.“ Das liest sich gut im Pressetext, aber ob dieses bombastische Flimmern und Blitzen auch zu Musik und Persönlichkeit des Künstlers passen, scheint keinen interessiert zu haben.

Fünf Minuten vor dem Beginn des Konzerts wurde aus unangenehm lauten Gebläsen die ganze Halle eingenebelt, damit die Lichtstrahlen besser zur Geltung kamen - der erste Song war dann auch sehr treffend „Road to Hell“. Zu jedem Lied gab es eine ausgefeilte Lichtdramaturgie, auf der Leinwand hinter der Bühne zogen Wolken vorbei oder Zahnräder drehten sich. Ein kleines Feuerwerk brannnte ab, und am Schluß des Konzertes entfaltete sich auf der Bühne eine dreidimensionale Nachbildung des Covers der neuesten LP.

Grandios lächerlich

Aber der bodenständige Rea im karierten Oberhemd unter dem „schwebenden Lichtkreuz“, das wie ein Ufo über der Bühne kreiste und blinkte - das war nicht grandios, sondern lächerlich. Willy Tau

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