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Jugoslawiens KP zerstritten am Abgrund

■ Serbisch-slowenischer Konflikt durchzieht 14. Sonderparteitag der Kommunisten / Regierung in Belgrad will Parteibeschlüsse ignorieren

Belgrad (afp/ap) - Am dritten Tag des 14. Sonderparteitages des „Bundes der Jugoslawischen Kommunisten“ (BdJK) haben sich die Delegierten nach gewohnten Polemiken, die das Parteileben seit Jahren lahmlegen, zumindest zu einer Diskussion durchgerungen. Damit hat die Delegation aus Slowenien - der liberalsten und entwickeltsten Republik des Landes - nach vehementer Blockade durch Serbien eine Diskussion zu der „Erklärung für einen demokratischen Sozialismus“ durchsetzen können. Bei dem Dokument handelt es sich um das weitestgehende Reformdokument, das der Partei je vorgelegen hat. Nach mehrstündiger Beratung am Sonntag abend berief die Parteiführung schließlich auf Drängen der Slowenen eine Plenarsitzung zur Diskussion des Erklärungstextes ein. Das Dokument sieht den Verzicht der Partei auf ihr Monopol zugunsten von freien Wahlen vor und öffnet den Weg zu Parteienpluralismus. Die Erklärung gilt den liberalen Slowenen als Minimalplattform; sie fordern außerdem die Aufgabe des demokratischen Zentralismus der Partei zugunsten einer Koalition von einzelnen, auf Republikebene organisierten Parteien. Dieser Standpunkt wird von den konservativen Serben erbittert bekämpft. Der Führer der größten und dichtestbesiedelten jugoslawischen Republik, Slobodan Milosevic, plädierte am Sonntag erneut energisch für den Zentralismus, der seiner Ansicht nach den einzigen Garanten für den Zusammenhalt des multinationalen Staates darstellt. Die Kompromißmöglichkeiten scheinen begrenzt. Die für Montag morgen angekündigte Plenarsitzung mußte bereits um mehrere Stunden verschoben werden, was die Arbeiten des Parteitages um einen Tag verlängern könnte. Die jugoslawische Presse äußerte sich zum größten Teil pessimistisch. Es sei „illusorisch“, an einen Kompromiß zwischen Serbien und Slowenien zu glauben, schrieb die Tageszeitung 'Borba‘. 'Oslobodjemje‘ meinte, der Zusammenhalt des Staates werde nicht durch die Partei gewährleistet, sondern trotz ihrer Querelen.

Die jugoslawische Regierung hat schon am Sonntag abend wissen lassen, daß die Beschlüsse des KP-Parteitages für sie irrelavant sind. Der stellvertretende Ministerpräsident Zivko Pregl sagte in Belgrad, die Regierung lehne es ab, das Schicksal des Landes durch den Ausgang des Streits unter Leuten entscheiden zu lassen, die nur zehn Prozent der Bevölkerung repräsentierten. Die Partei werde in Zukunft nur in dem Ausmaß von Bedeutung sein, wie es in den Wahlergebnissen zum Ausdruck komme. Belgrad werde die Verfassungsänderung, mit der das Machtmonopol des BdJK beseitigt und freie Wahlen vorbereitet werden sollen, im Parlament unabhängig davon betreiben, ob der KP-Parteitag eine entsprechende Resolution annehme oder nicht.

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