CDU will Scherf enthüllen

■ Wedemeier soll Scherf wg. Galla-Deal und Reagan-Häme rausschmeißen

Die Bremer CDU fordert, daß Sozialsenator Henning Scherf künftig nicht mehr der Landesregierung angehört. Scherf, seit 12 Jahren auf diversen Bremer Ministersesseln, soll nach dem Willen von Regierungschef Klaus Wedemeier im Februar das Amt des aus dem Senat scheidenden Bildungssenators Horst-Werner Franke übernehmen. Vor Journalisten erklärte der Vorsitzende der CDU -Bürgerschaftsfraktion, Peter Kudella, am Dienstag: „Scherf ist untragbar für Schüler und Eltern.“ Wenn Wedemeier an seinem Vorschlag festhalte, schade er den Interessen Bremens. Welche Schritte die CDU gegebenenfalls beabsichtigt, wollte Kudella nicht verraten.

Die Forderung begründete Kudella unter anderem mit „Verwicklungen“ des SPD-Politikers in den St.-Jürgen -Skandal. Kudella bezog sich auf den vorläufigen Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses, formuliert vom SPD-Vorsitzenden Andreas Lojewski. Danach habe Scherf als damaliger kommissarischer Leiter des Gesundheitsressorts mit dem früheren Verwaltungschef des Krankenhauses, Aribert Galla, einen „Deal“ ausgehandelt.

Das „krumme Ding“, wie Ku

della die Angelegenheit bewertete, sah unter anderem vor, daß Galla eine Bescheinigung über seine Dienstunfähigkeit vorlegte, wobei auf die Hinzuziehung eines Amtsarztes verzichtet wurde. Dafür schied Galla Ende 1987 aus dem Dienst aus. Scherf verpflichtete sich den Angaben zufolge im Gegenzug, Förderungsmöglichkeiten für den Fall zu prüfen, daß Galla eine „seinem Gesundheitszustand“ entsprechende selbständige Tätigkeit aufnehme. Eine Überprüfung des Gesundheitszustandes hatte später ergeben, daß Galla nicht dienstunfähig war.

Es stehe fest, meinte Kudella, daß Scherf damals nicht pflichtgemäß gehandelt und bei der Entlassung Gesetze und Dienstanweisungen mißachtet habe. Beweise für die behauptete Verletzung gesetzlicher Grundlagen blieb die CDU schuldig. Kudella weiter: Scherf habe sich in seiner Zeit als kommissarischer Gesundheitssenator auf einen „Deal“ mit jemanden eingelassen, der schon damals unter dem Verdacht strafrechtlicher und disziplinarischer Verfehlungen gestanden habe. Gegen Galla macht die Gesundheitsbehörde mittlerweile Regreßansprüche von mehr als 460.000 Mark geltend.

Abgesehen von der Verwick

lung Scherfs in die Klinik-Affäre kündigte Kudella weitere „Enthüllungen“ an. Danach will die CDU eine Dokumentation über Scherfs „Verfehlungen“ während seiner politischen Laufbahn herausgeben. Sollte Scherf jedoch aus der Landesregierung ausscheiden, „verzichte ich auf die Dokumentation“, sagte Kudella. Daß hinter den Ankündigungen des CDU-Fraktionsvorsitzenden jedoch keine spektakulären Neuigkeiten stecken, bestätigte ein Anruf in der Parteizentrale. Dort hieß es: „Enthüllung ist das falsche Wort.“ Eine schlichte Auflistung der nach christdemokratischem Gusto „politischen Verfehlungen“ Hennning Scherfs ist beabsichtigt. Altbekannte Sprüche des Senators zum Reaganschen Krebsleiden oder zum Bundeswehrgelöbnis sollen „dokumentiert“ werden. Unbeeindruckt von den neuerlichen Muskelspielen Kudellas zeigte sich gestern der Senat. Bürgermeister Klaus Wedemeier erklärte gestern nachmittag, er werde an der geplanten Senatsumbildung festhalten. In Sachen Vergangenheitsbewältigung erinnerte er daran, daß Bernd Neumann einst Bücher von Erich Fried verbrennen lassen wollte.

dpa/taz