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Nachts in der Unterführung...

■ Jugendgang überfiel Zivilfahnder / Kripo registriert seit Wochen starke Zunahme organisierter Banden von jungen ausländischen Berlinern

Krimi-Alltag in der Nacht zu gestern in West-Berlin. Eine schummrige Unterführung am S-Bahnhof Lankwitz. Fünf Jugendliche stellen sich einem einsamen Passanten in den Weg, verlangen Zigaretten. Der Mann verneint, geht weiter. Zwei aus der Gruppe folgen ihm - mit einem Messer und einem Zimmermannshammer. Keine Chance für den Passanten. Er wird gepackt, gefilzt.

Doch die Täter und ihre etwas abseits wartenden Komplizen hatten Pech. Ihr Opfer verfügte über eine Spezialausbildung

-und eine Dienstwaffe. Mit „Halt, Polizei. Stehen bleiben, ich nehme Sie fest“ und der Pistole konnte der Zivilbeamte gerade noch für seine persönliche Sicherheit sorgen. Die fünf Rowdies flohen, konnten später aber gestellt werden.

Wäre ihr vermeintliches Opfer nicht ein Polizist gewesen, wäre er als ein weiterer Geschädigter - unter Umständen erheblich verletzt - in die seit Wochen dramatisch ansteigende Statistik brutaler Straßenüberfälle eingegangen.

Hintergrund der Entwicklung: Immer öfter handelt es sich nicht mehr um spontane Überfälle einzelner oder zufälliger Cliquen - sondern um die Taten von gezielt auf nächtliche Raubzüge gehenden Banden. Häufig, so die Beobachtungen von Kripo-Fachbeamten, treten diese oft vielköpfigen Banden offen und mit einem richtigen Namen auf. So auch in der Nacht zu gestern: Einer ganzen Gruppe von Zivilstreifen gelang es schließlich, in Lankwitz drei junge Türken und einen Jugoslawen - alle 17 und 18 Jahre alt festzunehmen. Entdeckung später bei der Vernehmung: Bei dem Jugoslawen handelte es sich um einen Anführer der „Rebels“, einer polizeibekannten Steglitzer Gang, von der die auf Bandenkriminalität spezialisierten Fahnder von der Direktion 4 geglaubt hatten, sie nach wochenlangen Ermittlungen und zahlreichen Festnahmen endgültig „aufgelöst“ zu haben.

Bilanz des Abends: Versuchter Raubüberfall und zwei versuchte Kioskeinbrüche.

Ebenso brisanter wie tabuisierter sozialer Hintergrund: Handelte es sich bei den Tatverdächtigen bislang hauptsächlich um Skinheads, so kippe jetzt der Trend zu ausländischen Berlinern. „Rund zwei Drittel“, schätzt der Kriminaldirektor der auf Jugendbanden spezialisierten Dienststelle, Voss, deren Anteil an diesen Deliktgruppen.

Ein ausführlicher Hintergrund-Report über kriminelle Jugendbanden in Berlin folgt am Freitag

tom

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