: Kokamafia zeigt guten Willen
Drogenkartell von Medellin ließ Entführten frei / Bevölkerung hofft auf Verhandlungslösung / Staatspräsident Barco hält sich alle Türen offen / Einigung nicht ausgeschlossen ■ Aus Bogota Ciro Krauthausen
Alvaro Diego Montoya, der im vergangenen Jahr von den Kokainbaronen entführte Sohn des Privatsekretärs von Präsident Virgilio Barco, wurde in der Nacht von Sonntag auf Montag in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota wieder freigelassen. Er ist somit die fünfte von den Kokainbaronen auf freien Fuß gesetzte Geisel. Die „Gruppe der Auslieferbaren“, hinter der sich vermutlich das Drogenkartell von Medellin verbirgt, hatte in einem Kommunique vergangene Woche versprochen, über ein Dutzend entführte Personen als ein Zeichen guten Willens wieder freizulassen.
In einem Schreiben hatten die Kokainbarone den „Triumph des Staates“ anerkannt und vorgeschlagen, den Drogenhandel einzustellen, wenn ihnen „verfassungsrechtliche und legale Garantien“ - sprich die Beendigung der Auslieferung von Drogenhändlern an die USA - geboten würden.
Die Aussicht auf eine eventuelle Kapitulation der Kokainbarone löste in der vergangenen Woche in der kolumbianischen Öffentlichkeit vorsichtige Hoffnungen auf eine ausgehandelte Lösung zwischen dem Staat und der mächtigen Drogenmafia aus. Präsident Virgilio Barco, der sich bislang gegen eine Verhandlungslösung mit den Kokabaronen ausgesprochen hatte, hält sich inzwischen alle Türen offen. In einem Brief an den Herausgeber der Tageszeitung 'El Tiempo‘ sprach er am Wochenende von einer „neuen Situation“ und einer „flexiblen Politik“ der Regierung. Für ihn sei es eine „brachiale Vereinfachung, zu glauben, es gebe zwischen der blinden und blindwütigen Repression und dem offenen und unbefristeten Dialog mit den Kriminellen keine Alternativen“. Damit wollte der Präsident wohl andeuten, daß über die Auslieferung diskutiert werden könne - wenn die Kokainbarone ihre Versprechen wirklich halten sollten. Als Gegenleistung für die Freilassung Montoyas forderten die Drogenhändler denn auch am Montag erste wohlwollende Maßnahmen der Regierung.
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