Neu-Delhi klagt gegen Bofors

■ Der schwedische Waffenkonzern soll bei Haubitzenverkauf 1986 Schmiergeld gezahlt haben /Singh macht nun Wahlversprechen wahr / In Schweden Urteil bereits rechtskräftig

Neu Delhi/Stockholm (taz/ap) - Die indische Regierung hat am Montag bei einem Gericht in Neu-Delhi Klage gegen den ehemaligen Vorsitzenden des schwedischen Rüstungskonzerns Bofors eingereicht. Das Unternehmen und mehrere Mittelsmänner werden beschuldigt, mit horrenden Schmiergeldern an Entscheidungsträger der Regierung Gandhi 1986 den Verkauf von 400 Haubitzen im Wert von fast drei Milliarden DM an Indien erreicht und die Staatskasse um umgerechnet 85 Millionen Mark betrogen zu haben. Bofors wies alle Vorwürfe zurück. Auch der ehemalige Ministerpräsident Rajiv Gandhi soll dazu vernommen werden.

Der von ihm entlassene Finanzminister V.P. Singh war im November nicht zuletzt wegen des Versprechens zum neuen Regierungschef gewählt worden, einen Feldzug gegen die Korruption zu führen. Gandhi hatte alle schwedischen und indischen Zeitungsberichte, wonach beim Haubitzengeschäft Bestechungsgelder gezahlt wurden, als falsch zurückgewiesen und behauptet, kein Inder habe Kommissionen erhalten.

Amtsleiter Shekar sagte, Klage sei gegen den einstigen Bofors-Vorsitzenden Martin Ardbo, gegen den Bofors -Repräsentanten in Neu-Delhi, Win Chadha, und gegen den in London lebenden indischen Geschäftsmann Gobichand Hinduja eingereicht worden. Mit Rechtshilfeersuchen an die Schweiz und Schweden hofft Indien nun an weiteres Beweismaterial zu gelangen. Ein Großteil der Zahlungen sind vermutlich über die Schweiz erfolgt und dort noch deponiert.

In Schweden selbst wurden am Montag drei Herren der Vorstandsetage von Bofors zu Geldstrafen zwischen 150.000 und 270.000 DM rechtskräftig verurteilt. Sie hatten unerlaubte Waffengeschäfte mit Krisengebieten in den Golfstaaten abgewickelt. In persönlichen Erklärungen betonten die Bofors-Direktoren Ardbo, Ekbolm und Palsson ihre Unschuld und erklärten die Annahme der Urteile mit „privaten Gründen“. Der Bofors-Konzern muß 3,5 Millionen DM, den angeblichen Gewinn aus dem Schmuggelgeschäft, an den Staat zahlen. Mit der Rechtskraft der Urteile wird es auch zu keinem gerichtlichen Verfahren mehr zu der Frage kommen, inwieweit die schwedische Regierung selbst in die Waffenschiebereien verstrickt war.

Reinhard Wolff