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PRODUZENTENGLÜCK

■ Daniel Lanois im Loft

Woran erkennt man einen Produzenten, der nicht mehr nur die Karrieren anderer Musiker befördern, sondern endlich selbst im Rampenlicht stehen will? Er trägt auf der Bühne, leger hinter dem lang wallenden Haar versteckt, ohne ihn auch nur einmal abzusetzen, einen Kopfhörer.

Ob er darauf seine Mitmusiker oder den Studiomix ohne sich selbst hört? Manchmal lächelt er unsicher seinem Bassisten zu; stimmt auch alles, kommen wir sauber 'rüber, ruft das Publikum dazwischen? Was da aus dem Mixer quillt, wirkt versponnen, verschnörkelt, vom Willen zum guten Popsong beseelt, der sich nebenbei auch noch verkaufen läßt. Lanois ist Franko-Kanadier, aber sein Sound kommt aus dem Süden, aus dem schwarzen New Orleans. „Have you got a right to live?“ singt er im Duett mit dem farbigen Bassisten. Und für einen Moment scheinen die Neville Brothers mit auf der Bühne zu stehen, deren fantastisches letztes Album Lanois produziert hat.

Dann holt er die U2 aus der Kiste mit dem Bandsalat, versucht die große Geste, Bombastrock in Fußballstadionqualität, Mitklatschen erwünscht. Irgendwie klappt auch das, auch wenn wir uns nur im gemütlichen kleinen Loft befinden. Lanois versteht sich aufs Zitat, covert Lou Reed, wartet auf seinen Dealer - „my man“ - und gospelt durch Lousiana. Zwischendrin durchbricht er die Schmalzgrenze, schüttelt weinerliche Balladen aus seiner Gitarre, plärrt von sich, dem „Maker“, trieft voll Selbstmitleid und zieht uns alle mit hinunter in den Strudel. Aber hat er nicht recht, ist die Welt nicht schrecklich ungerecht? Sollten wir nicht alle die Mullbinden fallen lassen?

Daniel Lanois wird weiter für das Schöne kämpfen, wird Musiker in die Charts befördern, die dort über die Umweltzerstörung in Feed-the-world-Manier jammern. Und man kann es ihm nicht einmal übelnehmen, repräsentiert Lanois doch schon heute den Pop der Neunziger. Engagiert, aber ohne viele Ecken und Kanten, Musik, die okay ist, für Leute, die sich für okay halten.

Andreas Becker

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