: z.B.: Alternativen zum Senatsrockwettbewerb
taz: Dimitri, Du hast mit der Gruppe „Leningrad Sandwich“ den Senatsrockwettbewerb gewonnen und Du warst auch in der Wettbewerbsjury. Was bringt der Wettbewerb?
Dimitri: Ich finde es bedauerlich, daß der Senat nach zehn Jahren Senatsrockwettbewerb nicht eingesehen hat, daß die 10.000 Mark den Bands effektiv nichts bringen. 99 Prozent der Bands, die da mitmachen, beabsichtigen professionell zu arbeiten, eventuell von der Musik zu leben und Erfolg zu haben. Aber das Geld hilft nicht weiter, es wird nicht in die Zukunft der Bands angelegt. So eine Gewinnerband hat dann noch ein paar Gigs in Berlin, aber in Castrop-Rauxel kräht kein Hahn danach.
Was wäre denn die Alternative zu der 10.000-Mark -Prämie?
Es fängt bei der inkompetenten Jury an. Ich würde vorschlagen, die Jury mit Clubveranstaltern aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland zu besetzen. Diese zwölf bis 14 Leute sichten die Tapes der Wettbewerber und wählen die Gewinner aus. Den Siegerbands garantiert jeder Einzelne in seinem Club von der Größenordnung zwischen KOB und Loft eine Show. Die Bands bekommen also kein Geld, sondern eine Tournee von 14 Shows und vielleicht nehmen sie dann noch ein paar Festivals mit.
Das würde auch sicherlich den Wettbewerb verändern. Es kommt immer wieder vor, daß sich ein paar Studiomusiker mit 'nem Demo bewerben, dann die 10.000 Mark abziehen und mit 'nem halben Playback auftreten. Der Wettbewerb würde dann nicht mehr mißbraucht werden. Die Bands wissen dann, daß sie auf Tour gehen müssen, wenn sie gewinnen. Tournees sind lebenswichtig, zumindestens für Rock'n-Roll-Bands. Am besten ist es, wenn sie 50 bis 60 Auftritte im Jahr haben.
Was würde so ein Wettbewerb den Senat kosten?
Für den Senat würden keine Mehrkosten entstehen. Die 10.000 Mark würden für die Tourneekosten draufgehen, also Transport und Promotion. Nur so werden sie bekannt und können auch ihre Platten verkaufen, die sie als Gewinner des Wettbewerbs produzieren können. Die Studiotermine für die LP sind noch das einzig Positive für die Gewinner.
Aber eine LP kann doch heute jede Band produzieren. Das Problem ist doch, so viele Platten zu verkaufen, daß wenigstens die Kosten für die Produktion gedeckt werden.
Das Problem der Bands ist, daß sie keine Manager haben, die dann in Aktion treten, wenn eine Platte auf den Markt kommt oder eine Tournee geplant werden soll. Solche Manager müssen hinter der Band stehen und mit den Sendern, Stadtmagazinen und Musikzeitschriften von Flensburg bis München Kontakte herstellen. Der richtige Mann im Sender muß die Platte und die Info in die Hand bekommen, sonst geht es verloren. die Promotion ist das Wesentlichste für Bands, die was drauf haben.
Interview: Karsten Wolff
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