Berghofer für Wiedervereinigung

Berlin (dpa/taz) - Es scheint, daß Wolfgang Berghofers Austritt aus der SED am Sonntag zum Triumph, zum bruchlosen Anfang einer neuen Karriere gerät. Die Fraktionen des Dresdener Stadtparlaments haben ihm gestern das Vertrauen ausgesprochen.

Schon auf der traditionellen Montagsdemonstration in Dresden wurde sein Austritt bejubelt: er habe „ein Signal fürs ganze Land gesetzt“. Auch wenn Berghofer erklärt, er wolle bis zum 6. Mai in keine Partei eintreten und sich auch um kein Mandat bewerben, formuliert er schon wie ein künftiger SPD-Parteiführer: „Es gibt zwar noch einiges staatsbürgerliches Recht, aber das ist mit nationaler Identität nicht zu vergleichen.“ Und: „Verbunden mit den objektiven wirtschaftlichen Prozessen wird ebenso unumgänglich zusammenwachsen, was zusammengehört.“

Gleichzeitig meldet er unmißverständlich den Platz des Landes Sachsen im europäischen Haus an: „Dabei gewinnen Heimatverbundenheit und regionale Identität zunehmend Bedeutung im Rahmen europäischer Einheit.“ Gleichzeit fordert Berghofer die Auflösung der SED-PDS: die alte SED habe die Sozialdemokratie in „beschämender und unverantwortlicher Weise ruiniert“.

Wie sehr die Bonner Sozialdemokraten mit Wolfgang Berghofer als fester Größe in der DDR-Politik rechnen, zeigte die Einladung Berghofers zum Staatsakt zu Ehren Herbert Wehners: es waren Gespräche zwischen Berghofer und der Parteispitze schon terminiert, Gespräche die der alte und neue Dresdener Oberbürgermeister jetzt nicht wahrnehmen konnte, weil er sich der Vertrauensfrage in seinem Stadtparlament stellen mußte. Inzwischen gehen die Parteiaustritte nach Berghofer weiter: Prominentester SED-Flüchtling gestern war der Leipziger Oberbürgermeister Hädrich, der für die anstehende Oberbürgermeisterwahl auch kandidieren wird.

KH