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„Grüner Tisch“ konstituiert sich

■ Das neugeschaffene Beratungsgremium soll ökologisch Basis-Impulse in zentrale politische Entscheidungen einbringen

Berlin (taz) - Seit Mittwoch nachmittag hat der „runde Tisch“ in der DDR einen kleinen Bruder: den „Grünen Tisch“. Das von dem evangelischen Pfarrer und Leiter des kirchlichen Forschungsheims in Wittenberg, Hans-Peter Gensichen, initiierte Beratungsgremium traf sich im Ostberliner Umweltministerium zu seiner konstituierenden Sitzung.

Am „Grünen Tisch“ wollen sich künftig achtzehn verschiedene Gruppierungen - darunter Oppositionsparteien und Oppositionsgruppen, ökologische Basisinitiativen, ehemalige Blockparteien, Gewerkschaften, kirchliche Umweltgruppen und auch die SED-PDS - regelmäßig mit Vertretern der zuständigen Ministerien über Öko-Brennpunkte in der DDR auseinandersetzen.

Pfarrer Gensichen hofft, daß der „Grüne Tisch“ letztlich zur Bildung einer „breiten Koalition der ökologischen Vernunft“ führen wird. Deshalb wolle man praktisch alle gesellschaftlichen Gruppen - auch Vertreter der für die verheerende ökologische Situation hauptverantwortlichen Chemie- und Energiewirtschaft - in die Gespräche einbinden. Es gehe darum, ökologische Impulse und Erkenntnisse von der Basis aufzunehmen, zu koordinieren und „in die politischen Entscheidungen auf zentraler Ebene einfließen zu lassen“, meinte Gensichen.

Die Einrichtung des „Grünen Tisches“ begrüßten gegenüber der taz einhellig Vertreter des Demokratischen Aufbruchs und der Grünen Partei. Günter Nooke, Vertreter des Demokratischen Aufbruchs am „Grünen Tisch“, zog eine Parallele zu den Fünf Wirtschaftsweisen in der Bundesrepublik. Der „Rat der Ökologie-Weisen“ müsse versuchen, den breiten Konsens in der DDR-Gesellschaft in Fragen der Ökologie zu retten.

Andreas Kühl von den Grünen wertete den „Grünen Tisch“ als „unbedingt positiv“. Er hoffe, daß man auf diese Weise in Umweltfragen „etwas schneller zum Substantiellen vorstößt als am 'runden Tisch'“. Das Gremium verstehe sich nicht als Übergangseinrichtung. Auch nach den Wahlen solle weiter regelmäßig getagt werden.

In der ersten Sitzung forderten die TeilnehmerInnen die sofortige Einstellung aller Baumaßnahmen in Naturschutzgebieten. Jegliche „Bodenspekulation“ in solchen Bereichen müsse unterbunden werden, meinte Pfarrer Gensichen. Die Grenzsperrgebiete sollen in Naturschutzzonen umgewandelt und die dort bisher von den Grenztruppen genutzten Gebäude vorrangig zur Betreuung der Schutzgebiete genutzt werden.

Beispielsweise müsse ein Konzept zum Schutz des Gebietes um den Brocken, den höchsten Berg des Harzes, in die dortigen Tourismuspläne einfließen.

gero

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