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Modrows schleichender Ausstieg aus der SED

■ Laut Informationen der Ost-CDU will Modrow seine Parteimitgliedschaft ruhen lassen, um die Opposition zum Regierungseintritt zu bewegen / Weder Bestätigung noch Dementi von seiten des Regierungschefs / Opposition berät heute über Regierungsbeteiligung

Ost-Berlin (dpa/taz) - DDR-Ministerpräsident Hans Modrow hat nach Darstellung der CDU in der DDR die Bereitschaft signalisiert, er werde bei einer Beteiligung der Oppositionsgruppen an der Übergangsregierung seine SED-PDS -Mitgliedschaft ruhen lassen. Dies war eine der Minimalforderungen der oppositionellen Gruppen bei einer Beratung über ihren möglichen Eintritt in die Regierung bis zu den Wahlen am 6. Mai. Der DDR-Nachrichtenagentur 'adn‘ sagte Modrow zunächst auf eine Frage nach Bestätigung oder Dementi: „Kein Kommentar.“

Wie der CDU-Generalsekretär Martin Kirchner mitteilte, gibt es bei den ehemaligen Blockparteien ähnliche Forderungen an den Regierungschef. „Die Möglichkeit, Modrow diese Bedingung zu stellen, falls es zu einer großen Koalition kommen sollte, ist angedacht“, sagte Kirchner. Die Blockparteien hätten sich am Mittwoch abend einhellig in diese Richtung verständigt. Modrow habe erkennen lassen, daß er bereit sei, seine Parteiämter zunächst bis zur Bildung einer gewählten Regierung ruhen zu lassen.

Auch die SPD glaubt die Bereitschaft Modrows zu erkennen, seine Parteimitgliedschaft ruhen zu lassen. Dies gehe aus einer Äußerung Modrows schon am vergangenen Montag hervor, derzufolge er als Regierungschef in der Verantwortung für das Volk und nicht für seine Partei stehe. Die SPD hat nach Worten von Vorstandsmitglied Steffen Reiche Modrow in einem Gespräch bereits am Sonntag diesen Schritt nahegelegt, um die Stabilität seiner Regierung zu erhöhen. Die SPD habe dies zur Voraussetzung ihrer Mitarbeit in der Übergangsregierung gemacht. Sie habe dem derzeitigen Regierungschef dargelegt, daß es sogar besser sei, wenn er aus der SED-PDS austrete.

Dies war auch die Maximalforderung der Oppositionspartei Demokratischer Aufbruch (DA). Der stellvertretende DA -Vorsitzende Ehrhart Neubert sagte, Modrow gehe mit dieser Überlegung in die „richtige Richtung“. Nach wie vor sei die Opposition in der DDR aber nur zum Mitregieren bereit, wenn deren Mitglieder zu der Einschätzung kämen, die DDR befinde sich in einem akuten Notstand. Das hatte auch die SPD zur Voraussetzung gemacht. „Wir wollen uns nicht der Verantwortung entziehen“, unterstrich Neubert, es gebe aber die Befürchtung, daß die Opposition in der Regierungsverantwortung „die Erwartungen nicht so schnell erfüllen kann“.

Die oppositionellen Gruppen hofften am Donnerstag nachmittag in einem Gespräch mit Kanzleramtsminister Rudolf Seiters (CDU) auf Ratschläge von seiten der Bundesrepublik. Eine Bedingung für den Eintritt der Opposition in die Übergangsregierung Modrow ist nach Ansicht Neuberts „schnellere und weitreichendere Kooperation aus Bonn“.

An diesem Freitag wollen die Oppositionsgruppen über ihre Regierungsbeteiligung weiter beraten und sich darüber verständigen, welche Minister- und Staatssekretärsposten für die neuen Gruppierungen gefordert und wie sie aufgeteilt werden müßten.

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