KOMMENTAR: 700 Seiten Ausschuß
■ Wahrheit über St.-Jürgen ist raus, aber folgenlos
Fast zwei Jahre ist ermittelt worden. 20.000 Seiten Vernehmungsprotokolle sind geschrieben. Ihr Wahrheitsgehalt liegt auf 741 Seiten zusammenkondensiert vor. Sie können in die Bürgerschaftskeller zu den Akten gelegt werden. Denn irgendwelche Konsequenzen legt die abschließende Behandlung der Schwarzgeldklinik durch ihre parlamentarischen Untersucher nicht nahe. Was zu erledigen war, – so die heimliche Logik ihres Berichts – ist durch die Erledigung eines Ex-Senators erledigt.
Wenn's das gewesen sein soll – der Ausschuß hätte sich seine Arbeit auch sparen können, die fälligen Rücktrittsforderungen getrost der Opposition, Aribert Galla der Staatsanwaltschaft überlassen können. Aufgabe des Ausschusses war eine exemplarische Analyse des Beziehungsdschungels von Parteikarrieren, Verwaltungshierarchien und gemeinnützigen Vereinen, in denen sich für Bremer Sozialdemokraten politisch, privat und postenmäßig regelmäßig alles zum besten fügt, Gemein-und Genossenwohl bruchlos ineinaner aufgehen. Was der Ausschuß zustandegebracht hat, ist ein Plädoyer für einen ordentlich funktionierenden Filz. Am Filz selbst hat anscheinend niemand mehr etwas auszusetzen.
Klaus Schloesser
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