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Mandela besteht auf Verstaatlichung

„Bei Banken und Monopolbetrieben unvermeidlich“  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Nelson Mandela hat in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung seine ausdrückliche Unterstützung für die Verstaatlichung großer Monopolbetriebe und der Banken in Südafrika bestätigt. Gleichzeitig veröffentlichte die Anti -Apartheid-Opposition einen Brief, den Mandela Anfang 1989 an den damaligen Präsidenten Pieter Botha geschrieben haben soll. Darin fordert Mandela die Regierung zu Verhandlungen mit dem ANC auf, betont aber gleichzeitig seine Unterstützung für den ANC und dessen Zusammenarbeit mit der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP).

In der Erklärung zur Verstaatlichung, die am 15.Januar verfaßt wurde, schreibt der seit 1962 inhaftierte Führer des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) wörtlich: „Die Verstaatlichung der Bergwerke, Banken und Monopolindustrien ist Politik des ANC. Eine Veränderung oder Anpassung unserer Ansichten zu diesem Thema ist unvorstellbar. Wir unterstützen vollkommen den Versuch, Schwarzen mehr Macht in der Wirtschaft zu geben, aber in unserer Situation ist die staatliche Kontrolle bestimmter Bereiche der Wirtschaft nicht zu vermeiden.“

Mandela hatte die Erklärung an Patrick Lekota, den Pressesprecher des Oppositionsbündnisses „Vereinigte Demokratische Front“ (UDF), geschickt, mit der Bitte, sie so breit wie möglich zu veröffentlichen. Lekota sagte, daß Mandela damit Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik des ANC ausräumen wollte. Lekota versuchte jedoch, Fortsetzung auf Seite 2

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Geschäftsleute zu beruhigen. „Die Frage ist nicht einfach, ob wir verstaatlichen werden, sondern wie dieser Prozeß stattfinden wird“, sagte er. „Wir wollen soweit wie möglich soziale Ungleichheiten entfernen ohne - soweit das möglich ist - andere Teile der Bevölkerung ab

zuschrecken.“

In seinem Brief an die südafrikanische Regierung betont Mandela, er wende sich an die Regierung, um die „politische Krise“ in Südafrika zu entschärfen. „Ich halte es für notwendig und im nationalen Interesse, daß ANC und Regierung sich treffen, um eine effektive politische Lösung auszuhandeln“, schrieb der ANC-Führer. Sein Brief könne jedoch nicht als Aufnahme von Verhandlungen betrachtet werden. „Meine Aufgabe ist es lediglich, die beiden wichtigsten politischen Gruppen des Landes an den Verhandlungstisch zu bringen.“

Zur Frage der Gewalt schreibt Mandela, daß die Forderung der Regierung an den ANC, seinen bewaffneten Kampf als Vorbedingung für Kontakte aufzugeben, nicht gerechtfertigt sei. „Ein Gewaltverzicht der Regierung oder des ANC sollte nicht eine Vorbedingung für, sondern ein Ergebnis von Verhand

lungen sein.“ Er schlägt einen Annäherungsprozeß in zwei Schritten vor - erstens Gespräche über die Maßnahmen, die zu einem angemessenen Verhandlungsklima führen könnten, und zweitens tatsächliche Verhandlungen, nachdem dieses Klima geschaffen ist.

Wahrscheinlich war Mandelas Brief Grundlage für die Verhandlungsbedingungen des ANC, die im August in der „Erklärung von Harare“ zusammengefaßt wurden. Der Brief führte offenbar zu einem Briefwechsel zwischen Mandela und Botha, der von Bothas Nachfolger de Klerk fortgesetzt wurde.

De Klerk hat in letzter Zeit versucht, eine Klimaverbesserung zu erreichen - zum Beispiel durch die Freilassung des ehemaligen ANC-Generalsekretärs Sisulu. Weitere Ankündigungen in diesem Zusammenhang werden von de Klerks Regierungserklärung zur Parlamentseröffnung am 2.Februar erwartet.

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