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Salvadorianische Flüchtlinge sollen Land kaufen

Ohne Eigentumstitel über Grundstücke, so die Regierung in San Salvador, gibt es keine Rückkehr aus dem honduranischen Exil  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Am 25. Januar hätten sie in ihre Heimat zurückkehren sollen, die tausend salvadorianischen Flüchtlinge, die seit Jahren in dem Lager San Antonio in Honduras leben. Doch eine neue Auflage der Regierung El Salvadors hat die bereits in allen Details geplante Heimkehr fürs erste verhindert: Die mittellosen Flüchtlinge sollen für fast eine Million Dollar Land kaufen, bevor sie in ihre Heimat zurückdürfen. Solange die Flüchtlinge keine Eigentumstitel über das für die Neubesiedlung ausgewählte Land vorweisen können, so der überraschende Entschluß aus San Salvador, sei eine Repatriierung nicht möglich.

Das Recht auf Rückkehr ist jedoch garantiert: Mit der Unterzeichnung des zentralamerikanischen Friedensplans Esquipulas II im August 1987 verpflichteten sich die Regierungen, alle Flüchtlinge in ihre Heimatgemeinden oder Orte ihrer Wahl zurückkehren zu lassen. Nachdem mehrere tausend SalvadorianerInnen aus den Lagern Mesa Grande und Colomoncagua in den letzten beiden Jahren bereits mit der logistischen Unterstützung des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) repatriiert worden sind, haben auch die EinwohnerInnen von San Antonio, dem kleinsten der salvadorianischen Lager in Honduras, das Leben hinter Stacheldraht und unter den argwöhnischen Augen der honduranischen Militärs gründlich satt. Die honduranische Regierung ist froh, die lästigen Gäste loszuwerden. Und sogar die Regierung von El Salvador, für die alle Flüchtlinge grundsätzlich „Subversive“ sind, will kollaborieren.

Das ist das Ergebnis einer Dreierkonferenz Ende Dezember, an der neben den Vertretern der beiden beteiligten Regierungen das UNHCR teilnahm. Die einzige Bedingung, die der inzwischen in seiner Funktion als Innenminister abgelöste Vizepräsident Merino dabei stellte: „Es darf keine Guerillaoffensive geben.“

Die FMLN, die sich ohnehin um eine diplomatische Lösung mit der Regierung bemüht, ging darauf ein und hat sich in den letzten Wochen nur noch vereinzelte Gefechte mit der Armee geliefert. Eine weitere Voraussetzung für die Heimkehr der Flüchtlinge war die Rückkehr des UNHCR nach El Salvador. Alle UNO-Organisationen hatten nämlich im November ihre Büros geräumt, nachdem die Armee das Lokal der Vereinten Nationen geplündert und die bedrohliche Gleichung „UNOFMLN“ an die Wand gesprüht hatte.

Noch am 21. Dezember hatte Innenminister Merino persönlich das Lager aufgesucht, um anzukündigen, daß seine Beamten demnächst beginnen würden, die Rückkehrer mit Dokumenten auszustatten. Wohin sie wollten, wußten die Flüchtlinge bereits: In Usulutan, im Norden El Salvadors hatten sie eine Hacienda ausfindig gemacht, auf der sie nach den vielen Jahren des Zusammenlebens im Lager gemeinsam eine Genossenschaft aufbauen wollten.

Die Hacienda El Gualcho, die ausgezeichnetes Ackerland und reichlich Wasser bietet, war nach Auskunft der wenigen auffindbaren Einheimischen längst verlassen und besitzerlos. „Besetzt das Land doch einfach“, war die Auskunft, die eine Delegation der Campesinovereinigung ACC bekam. Fünf Tage vor dem Repatriierungstermin teilte die Regierung jedoch plötzlich mit, das Land müsse erst gekauft werden, es hätten sich nämlich doch zwei Eigentümer gemeldet.

Gleichzeitig bot das Innenministerium eine Hacienda an, die zwar von der Bodengüte her gleichwertig wäre, aber in einem Gebiet liegt, das unter der Kontrolle der Armee liegt. „Das haben wir natürlich abgelehnt“, erklärt eine Vertreterin der Flüchtlinge.

Derzeit ist unsicher, wie es weitergehen soll. Das salvadorianische Innenministerium hat inzwischen die Lutheranerkirche, die die Flüchtlinge betreut, wissen lassen, daß der Landkauf die Voraussetzung für eine Repatriierung nach El Gualcho sei.

„Wir kaufen normalerweise kein Land und haben gar kein Budget für derartige Großprojekte“, klagte ein Lutheranerpastor. Die Lutheraner haben außerdem den Verdacht, daß hinter der plötzlichen Forderung und dem für salvadorianische Verhältnisse exorbitanten Preis von 5 Millionen Colones (rund 800.000 Dollar) politische Motive stecken. In San Antonio ist man inzwischen entschlossen, am 7. Februar mit der Repatriierung zu beginnen. Schlimmstenfalls wollen die Flüchtlinge den beschwerlichen Weg mitten durchs Kriegsgebiet zu Fuß und ohne Dokumente zurückzulegen.

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